Imre Garaczi

Feministische Bewegungen in der euroatlantischen Welt

 

 

 

 

Einer der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Diskurse des 19.-20. Jahrhunderts drehte sich um den Feminismus. Das Hauptziel war die Anerkennung des weiblichen Geschlechts in jeder Hinsicht. Der Diskurs hat mehrere Dimensionen in den letzten anderthalb Jahrhunderten entfaltet. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde in der angelsächsischen und skandinavischen Welt um die Gleichberechtigung und gesellschaftliche Anerkennung der Frauen gekämpft. In den verschiedenen Ländern Europas haben sich die Frauen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihr Wahlrecht und ihre Gleichberechtigung erkämpft. Der Grund liegt in der Praxis des feministischen Kampfes, die ein sehr komplexes und abwechslungsreiches geschichtliches Bild zeigt.

Darin kommt zum einen der Feminismus als Ideengeschichte, zum anderen seine damit verbundene gesellschaftliche und politische Praxis zum Vorschein. Die wichtigste Quelle von jedem Feminismus ist die Infragestellung des klassischen patriarchalischen Weltbildes. Die früheren Epochen der Geschichte liefen im Zeichen der männlichen Herrschaft, denn die wichtigsten Aktivitäten der sozialen Ordnung und der politischen Hierarchie von dem „stärkeren Geschlecht“ geführt wurden. In diesem Prozess spielt die Bestimmung der Frauenidentität in ihren sozialen, politischen, biologischen und kulturellen Beziehungen. eine wichtige Rolle Nach Jane Mansbridge lassen sich die Forderungen der Frauenidentität vor allem aufgrund von geschichtlichen Diskursen beschreiben. Sie meint, die auf diskursivem Weg entstandene Bewegung sei jene „Entität“, die die Aktivisten der Bewegung inspiriere und zu der sie sich verpflichtet fühlen:

„…this discursively created movement is the entity that inspires movement activists and is the entity to which they feel accountable. It is changing, open to new insights and interpretations, but consistent at its core: the commitment to ending male domination. We can think of it as ‘street theory’, as opposed to the feminist theory taught in the academy. It is the fluid and continually evolving body of meanings that feminists think of when they ask themselves: ‘Am I a feminist? […] Today, feminist identities are created and reinforced when feminists get together, act together, and read what other feminists have written. Talking and acting creates street theory and gives it meaning. Reading keeps one in touch and continues to make one think. Bothe experiences, of personal transformation and continuing interaction, make feminists ‘internally accountable’ to the feminist movement.”[1]

Im Mittelpunkt der Diskurse und Narrativen stand das patriarchalische Familienmodell: Der starke und entschlossene Mann gründet die „klassische“ Familie. Er wählt für sich die Frau aus, die hierarchisch zu seinem „Untertan“ wird. Er schafft ihr Zuhause, zu dessen Schutz und Entwicklung er sich verpflichtet. Es werden Kinder geboren, die in erster Linie von der Mutter erzogen werden, da die Sorge für den Haushalt (oder, wie es die Römer früher sagten: das Familienherd) die Aufgabe der Frauen ist. Also trennten sich im Laufe der Jahrhunderte die klassischen Rollen der Männer und Frauen voneinander. Der Mann als der eine Pol ergreift die Initiative, schöpft, schützt und stellt die materiellen Grundlagen her, während die Frau den anderen, empfangenden Pol verkörpert, der die Hausarbeit leitet und gleichzeitig Gegenstand der Sexualität ist.

Einen wichtigen Punkt in der geschichtlichen Beurteilung des Feminismus bilden die Urteile über die emotionalen Relationen zwischen den zwei Polen. Denn es ist ein häufiges Charakteristikum in den einzelnen geschichtlichen Epochen, dass wegen der gesellschaftlichen oder dynastischen Interessen eine Eheschließung aufgrund von emotionaler Verbindung oder emotionalen Motiven nicht einmal in Frage kamen.

Ein Aspekt der Untersuchung von verschiedenen feministischen Theorien ist die Betrachtung der Unterschiede zwischen Mann und Frau. Man stellt etwa die Frage, ob das weibliche Geschlecht ein Subjekt von anderem Charakter darstellt als eben der Mann. In den Disputen der letzten hundertfünfzig Jahre verflechten sich die Narrativen der Ähnlichkeiten und Unterschiedlichkeiten. Eine der ersten feministischen Theorien wurde von Mary Wollstonecraft in ihrem Buch A Vindication of the Rights of Woman (1792) gelegt.[2] Damit beginnen die Neuformulierung der Weiblichkeit und der Kampf gegen eine patriarchalische Weltanschauung.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehen die ersten feministischen Bewegungen in den Vereinigten Staaten. „American feminism has a long history in a country with a short history. From the official birth of organized feminisms in 1848 at a village chapel in Seneca Falls, New York, American feminists undertook a protracted struggle in defense of women’s rights to education, work, and political power, culminating in the conquest of their right to vote in 1920. Then, afterwards, for almost half a century, feminism was kept in the backstage of the American scene. Not that women ceased to fight. In one of the most noted expressions of women’s struggles, the 1955 bus boycott in Montgomery, Alabama, which arguably ushered in the civil rights movement in the South, and changed American history for ever, was enacted predominantly by African American women organizing their communities. Yet, an explicitly feminist mass movement surged only in and from the 1960s’ social movements, both from their human rights component, and from their counter-cultural, revolutionary tendencies. On the one hand, in the wake of the work of John F. Kennedy’s Presidential Commission on the Status of Women, in 1963, and of the approval of Title VII of the 1964 Civil Rights Act concerning women’s rights, a group of influential women, headed by writer Betty Friedan, created the National Organization of Women (NOW) on October 29, 1966. NOW would become the most comprehensive national organization in defense of women’s rights, and over the following three decades it demonstrated extraordinary political skill and perdurability, in site of recurrent ideological and organizational crises. It came to epitomize the so-called liberal feminism, focusing on equal rights for women in all spheres of social, economic, and institutional life.”[3]

In der Folge haben die Bewegungen des Feminismus am Ende der 1960-er Jahre beinahe alle Ecken der Gesellschaft durchdrungen. Der sog. Redstockings Manifesto, entstanden im Jahre 1969, hat bereits klar gemacht, dass die Männer dank ihrem höheren Stellenwert in der Gesellschaft die Frauen beherrschen, was auch mit ihrem unterdrückenden Verhalten in allen Bereichen des Lebens in Zusammenhang stehe.

Die Kämpferinnen des liberalen Feminismus in den USA kamen so weit, dass an ihrem Kongress eine Ergänzung der Verfassung bezüglich der Gleichberechtigung der Frauen angenommen wurde; sie konnte aber schließlich nicht in Kraft treten, weil der Vorschlag die Ratifizierungsschwelle von zwei Dritteln nicht überschritt. Er kam dann nach 1982 nicht mehr an die Tagesordnung.

Die Kämpfe der Frauen um Gleichberechtigung erreichten ihre Ergebnisse erst allmählich. Obwohl es noch in den heutigen Tagen in den Vereinigten Staaten und in den Ländern der Europäischen Union häufig vorkommt, dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger Lohn bekommen als die Männer, dennoch lässt es sich feststellen, dass in den letzten hundert Jahren viele Fortschritte in dieser Hinsicht gemacht wurden. So wurden beispielsweise die Möglichkeiten im Bezug auf Kindergeburt und Arbeitsplatz, der Kreis der staatlichen Begünstigungen erweitert, bzw. das vollkommen gleiche Wahlrecht garantiert.

In diesem Kampf haben die feministisch verpflichteten Journalistinnen, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen und Politikerinnen eine eminente Rolle in den Medien gespielt. In der Geschichte des Feminismus im 20. Jahrhundert bedeutetet Simone de Beauvoirs Buch Das andere Geschlecht (1949) einen Wendepunkt, da es die Beziehung zwischen Mann und Frau auf sozialphilosophischen Grundlagen interpretiert. Beauvoirs Buch baute auf die existentialistische Philosophie von J.-P. Sartre, dessen Kern die Idee bildet, der Mensch könne das werden, was er aus sich macht. Die Grundlage des Existenzialismus ist die Verbindung zwischen Existenz und Essenz, in der der Mensch als eine auf sich verlassene Entität erscheint, wobei die Verantwortung des Individuums darin besteht, dass er seine Gedanken und Taten auf dem sozialen Feld behauptet. Nach Sartre werden die Dinge so, wie sie vom Menschen gestaltet werden.

In diesem Zusammenhang übte Beauvoirs Buch eine enorme Wirkung auf die Erkenntnis des Lebens der Frauen. Es motivierte auch die radikal feministischen Gruppen, in deren Programm die Verstärkung des Bewusstseins der Frauen und ihr Schutz vor der Gewalt der Männer im Mittelpunkt standen. Zu dieser Zeit werden in USA etwa Asylheime für geschlagene und vergewaltige Frauen, dazu auch Selbstverteidigungskurse gestartet, damit sie auch physisch im Stande sind, den Angriffen der Männer zu  widerstehen. Auch wird ein psychologisches Netz ins Leben gerufen, das mit Ratschlägen zur Lösung verschiedener Lebenssituationen maßgeblich beitragen können.

Im Mai 1970 fand in New York der zweite Kongress für die Vereinigung der Frauen (Second Congress to Unite Woman) statt, die u.a. auch dadurch berühmt wurde, dass zum ersten Mal überhaupt lesbische Feministinnen in organisierter Form auftauchten, die eine neue Dimension im Kampf der feministischen Bewegungen eröffneten. Dieses Ereignis war umso wichtiger, als es zum einen das Programm der kulturellen Relativität und des engagierten Aktivismus, zum anderen neue Probleme der Gender-Forschungen formuliert wurden. Eine der akuten Fragen war, wo die Grenzen in der Beziehung zwischen Mann und Frau (Körper- und Ich-Grenzen) gezogen werden sollten.

Auf dieser Grundlage verstärkte sich der politische Feminismus, in dem beispielsweise die sozialistischen und radikalen Feministinnen den Kampf um die Geleichberechtigung der Frauen mit den Bewegungen der linken – in manchen Fällen marxistischen – antikapitalistischen Bewegungen verbanden. Später jedoch distanzierten sich der liberale und der radikale Feminismus voneinander. Die Gründe lassen sich auf diverse ideologische Risse zurückführen:

„… the issues to be tackled by liberal feminism, namely equal rights and the de-gendering of social categories, involved such a level of institutional transformation that patriarchalism would be ultimately called into question, even within the most restrained strategy of being practical about achieving gender equality. Secondly, the anti-feminist backlash of the 1980s, supported by the Republican administration that governed America in 1980-92, prompted an alliance between different strings of the movement, which, regardless of their lifestyles and political beliefs, found each other together in the mobilizations to defend women’s reproductive rights or in the building of women’s institutions to provide services and assert cultural autonomy. Thirdly, most radical feminist organizations had faded away by the late 1970s, with their founders personally exhausted, and their local utopias confronting daily battles with ‘really existing patriarchalism.’

Yet, since most radical feminists never gave up on their basic values, they found refuge in the established organizations of liberal feminism, and in the enclaves that feminism managed to build within mainstream institutions, particularly in academia (women’s studies programs), in non-profit foundations, and in women’s caucuses of professional associations. These organizations and institutions were in need of militant support in their increasingly difficult task, when they began to move beyond the most obvious abuses of human rights into more controversial spheres, such as reproductive choice, sexual liberation, and the advancement of women in men’s various citadels.”[4]

In USA verbreiteten sich die verschiedenen feministischen Bewegungen am meisten während der Regierungen von Carter und Reagan. Die größten verfügten über eine nationale Organisation und eine breite Mitgliedschaft. So z.B. die sog. Coalition of Labor Union Women, dessen Hauptziel es war, immer mehr Frauen zu einer wichtigeren Rolle in den von Männern beherrschten Institutionen zu verhelfen und ihnen dort Arbeitsplätze zu verschaffen. Eine große Aufmerksamkeit wurde den politisch korrekten sprachlichen Mitteln gewidmet, so dass zum Beispiel die Klischees des feministischen Sprachgebrauchs ausdrücklich vermieden wurden.

Gleichfalls spielten jene Organisationen eine wichtige Rolle, die ihre Dienste im Interesse der „unterdrückten Frauen“ leisteten. Sie waren vorzüglich lokale Organisationen, die ihre Programme durch Bewerbungen finanzierten. Eines der Hauptelemente ihrer Tätigkeit war das Streben nach der Entwicklung der Fähigkeiten und des Selbstbewusstseins der Frauen, sowie nach ihrer politischen Organsierung von unten. Zu diesem Kreis gehörte etwa das Displaced Homemakers’ Network.

Eine dritte große Gruppe der militanten amerikanischen Frauenorganisationen bilden jene Experten- und wissenschaftlichen Vereine, die vor allem die ethnischen, sozialen und kulturellen Rollen der Frauen erforschten und sich den Formen akademischer Institutionen zu nähern suchten.[5]

Außer den erwähnten drei Gruppen viele andere Frauenorganisationen, Aktivistenkreise und sonstige Frauengesellschaften kamen ins Leben, die ihre Aktivitäten den verschiedensten Zielen unterordneten. Eine der wichtigsten Ergebnisse der Frauenkämpfe in den Vereinigten Staaten in den Jahren 1970-1980 war die Formulierung eines Zieles auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Zu diesem Zweck musste man Forschungs- und Förderungsnetzwerke gründen und das allgemeine gesellschaftliche Denken in dieser Relation grundsätzlich verändern.

Eine spätere Folge in der Geschichte des modernen Feminismus ist die in den verschiedenen Richtungen des Feminismus erkennbare Tendenz, verschiedene Phasen desselben zu unterscheiden. Der Begriff des Postfeminismus z.B. verbreitete sich in der zweiten Hälfte der 1980-er Jahre und fand ein großes Echo in den damaligen Medien. Ein Grund hierfür liegt darin, dass nach den Feminismen der 60-er und 70-er Jahre eine neue Generation auftauchte, die die Kämpfe des Feminismus bereits anders beurteilte, neue Instrumente verwendete, und sich nicht selten kritisch gegenüber den Tätigkeiten früheren Feministinnen verhielt. Whittier klagt zum Beispiel:

„…it is painful for longtime feminists to see newer entrants to the movement dismissing their dearly held beliefs or changing organizations they struggled to form. Recent debates within the feminist community exacerbate many women’s feelings that they and their beliefs are vulnerable to attack. In the ‘sex wars’ in particular lesbian practitioners of sadomasochism, along with heterosexual women and others, argued that women should have the right to act freely on any sexual desires, and accused those who taught otherwise of being anti-sex, ‘vanilla’, or puritanical.”[6]

In den 90-er Jahren störte die weite Verbreitung des Lesbismus immer mehr; selbst für die radikalen Feministinnen wurde es unangenehm, dass plötzlich das klassische heterosexuelle Familienmuster zur Debatte stand. Die meisten Frauen waren an der Aufrechterhaltung der herkömmlichen Familie interessiert und verurteilten die neue lesbische Auffassung, deren Kernpunkt der verstärkte Selbstausdruck des Frauengeschlechts, die immer offenere und öffentlichere Vorschiebung der Sexualität wurde. Diese Tendenz wurde durch die Zugeständnisse an die Bisexualität nur noch bestärkt.

Die radikal feministischen Dispute in den USA der 90-er Jahre führten zum Unabhängigwerden und zur Absonderung der einzelnen Gruppen, aus denen neue Strömungen erwuchsen, wie zum Beispiel das Bündnis der homosexuellen Männer und lesbischen Frauen. Diese zwei radikalen Ansichten fanden umso leichter aufeinander, als dass ihr Separatismus von der Mehrheitsgesellschaft verurteilt wurde.

Es ist ein geistesgeschichtlich relevanter Umstand, dass um die Jahrtausendwende innerhalb der feministischen Bewegungen neue sozialtheoretische Ansätze formuliert wurden. Der Streit um den Feminismus erlangte besonders in den USA und Frankreich einen Höhepunkt und wurde sogar zu einem der wichtigsten Paradigmen der postmodernen Epoche. Einer der zentralen Momente dieses Streites ist die Debatte über das Anderssein der Frauen im Verhältnis zu einer von Männern beherrschten Welt. Die Theorie von Julia Kristeva setzte die Frau nur als eine negative Repräsentation de Mannes voraus und verwarf die Unterscheidung auf jedweder biologischer Basis. Manche halten sogar den Umstand für eine negative Diskriminierung, dass in unserer Zeit die Reinigung vor allem von Frauen gemacht wird, oder dass es an einer Konferenz oder im Sekretariat eines Amtes die Frauen sind, die Kaffees vorbereiten bzw. die Tassen abspülen. Somit ist von den 90-er Jahren an die diskiriminative Grundlage in den verschiedenen feministischen Streiten kaum mehr zu verfolgen.

Parallel damit verbreitete sich in den USA die rechtliche Praxis, dass die kleinsten oder minimalsten Insinuationen der Männer von den Frauen vor Gericht gebracht wurden, ja, dass sie diese Prozesse oft gewannen.[7] So wurden diese Fälle sogar zu einer Form des Geldverdienens bei manchen Frauen.

Gleichzeitig und neben den Frauenforschungen erschienen auch die Gender-Studien über Männer, die Forschungsthemen erstreckten sich auf ethnische Diskriminierungen oder rassistische Atrozitäten. Die postmodernen Diskurse über den Feminismus haben neuartige Strategien, neue politische und kulturelle Narrativen ins Leben gerufen. Auch die Begriffsgenesen der euroatlantischen Zivilisation wurden ins Feld gezogen: Die Frauenperspektiven wurden beispielsweise aufgrund von Wahrheitstheorien oder kognitiven Systemen, im Bezug auf die Koexistenz von Subjekt und Macht oder nicht zuletzt im Kontext der sprachlichen Narrativen oder der verschiedenen Wissenschaftstheorien überprüft. 

Ein Kennzeichen der feministischen Diskurse ist auch die Anwendung der dualen Kategorien der euroatlantischen Denkweise fußend auf Aristoteles.[8] In diesen Disputen erlangte die Formulierung der biologischen Verschiedenheit von Mann und Frau weite Dimensionen. Auch diese Streite lassen sich auf die Philosopheme von Platon und Aristoteles zurückführen,[9] die das Verhältnis zwischen Mann und Frau bis ins 20-ste Jahrhundert begleiteten. Sogar Freud beschrieb die Frauen aufgrund von anatomischen Kennzeichen und fand sie vor allem geeignet für Familienleben und Mutterschaft als Folge ihrer körperlichen und psychischen Eigenschaften, die seiner Ansicht nach von denen der Männer grundunterschiedlich sind.

Um die Jahrtausendwende wurden und werden die feministischen Forschungen mit den Probleme der Globalisierung verbunden. In der Tat: Dank der verschiedenen Medien (Fernsehen, Rundfunk, Internet, Mobiltelefon) wurde auch die Problematik Mann und Frau „globalisiert“. In Großbritannien beispielsweise verstärkten sich die alternativen Frauenorganisationen erneut, ja die ganze Gesellschaft wurde durchdrungen von den Ereignissen der Forschungen über die Frauenidentität. In allen Ländern Europas sind feministischen Gemeinschaften tätig, Zeitschriftgen werden herausgegeben, Konferenzen, Vortagsreihen veranstaltet über die Interessen, Probleme der Frauen und die Fragen nach dem Schicksal ganzer Gesellschaften.

Dagegen hat sich in Asien eine von der euroatlantischen Welt grundunterschiedliche Situation entwickelt, wo die Lage der Frauen oft geradezu tragisch ist. Die negative Diskriminierung der Frauen ist beinahe für das ganze asiatische Kontinent kennzeichnend; allerdings gibt es auch hier Ausnahmen in den einzelnen Großstädten oder an Arbeitsplätzen, wo die gleichen Rechte für die Frauen gewährleistet werden können.

„In industrialized Asia, partriarchalism still reigns, barely challenged. This is particularly stunning in Japan, a society with a high rate of women’s participation in the labor force, a highly educated female population, and a powerful string of social movements in the 1960s. Still, pressure from women’s groups , and from the Socialist party, led to legislation to limit work discrimination for women in 1986. But, overall, feminism is limited to academic circles, and professional women still suffer blatant discrimination. Structural features are fully present in Japan to unleash a powerful feminist critique, but the absence of such a critique on a scale large enough to impact society until now, clearly demonstrates that social specificity (in this case the strength of the Japanese patriarchal family, and en’s fulfillment of their duties as patriarchs, in general, determines the actual development of a movement, regardless of structural sources of discontent. Korean women are even more subdued than Japanese women, although embryos of a feminist movement have appeared recently. China is still on the edge of the contradictory statist model of supporting the rights of the ‘half of heaven’, while keeping them under control of the ‘half of hell’. However, the development of a powerful feminist movement in Taiwan since the late 1890s belies the notion of necessity of women’s submission under the patriarchal tradition of Confucianism.”[10]

In den entwickelten Segmenten Asiens ist der Feminismus vor allem präsent in den relativ engen intellektuellen Kreisen von Frauen, oder unter solchen mit einem höheren Ausbildungsniveau. Es ist vor allem ihrem Erscheinen in den Medien zu verdanken, dass soziale, rechtliche usw. Probleme der Frauen diskutiert werden. Darüber hinaus haben die asiatischen Politikerinnen viel in den letzten zwei Jahrzehnten unter patriarchalischen Sozialverhältnissen dafür getan, dass die Lage der Frauen in den demokratischen Kämpfen ihrer Region wahrgenommen wird.

Die Lage der Frauen in den Entwicklungsländern ist in der letzten Zeit in der Tat in Wandel. Einerseits entstehen neue Industriezweige, andererseits verbreiten sich auch dort die Bedingungen einer Informationsgesellschaft. Das führte in den letzten drei Jahrzehnten zu immer mehr Initiativen „von unten“. Aus dieser Perspektive des Kampfes um die Verbesserungen der Lage der Frauen in neuen Organisationen lassen sich Beispiele wie Brasilien, Mexiko oder Kolumbien erwähnen. Alejandra Massolo gelangte zum Beispiel, in ihrer Bewertung der Lage der Frauen in Ciudad de Mexico, zum folgenden Standpunkt:

„Women’s subjectivity of experiences of struggle is a revealing dimension of the process of social construction of new collective identities through urban conflicts. Urban movements of the 1970s and 1980s made visible, and distinguishable, the unusual collective identity of segments of popular classes. Women were part of the social production of this new collective identity – from their daily territorial bases, transformed into bases for their collective action. They gave to the process of constructing collective identity the mark of plural motivations, meanings, and expectations from the feminine gender, a complex set of meanings found in the urban movements, even when gender issues are not explicit, and when their membership is mixed and men are in the leadership.”[11]

Bei den Frauenbewegungen in den Entwicklungsländern lässt ich ebenfalls beobachten, dass in den Aktionsprogrammen zur Hilfe der Frauen die feministische Ideologie die im Westen so sehr charakteristisch ist, weniger zum Tragen kommt. Es ist aufschlussreich, dass die feministischen Bewegungen je nach Land, Kontinent, ökonomischem Gebiet usw. sehr unterschiedliche Orientierungen zeigen können. Es gibt Regionen, in denen die Lösung der Frauenprobleme sich vor allem als ein kultureller Kampf zu erkennen gibt, anderswo sieht man vielmehr ökonomisch-zielgerichtete Organsierungen, aber Frauenbewegungen mit Konfrontationen poltischer Art kommen ebenfalls vor. Der in England der sechziger Jahre zustande gekommene Feminismus verband sich z.B. mit Gewerkschaften, und hielt ebenfalls Kontakte zur Arbeiterpartei bzw. der linken sozialistischen Partei. Auch innerhalb der einzelnen feministischen Strömungen entfalteten sich merkwürdige Kämpfe: Ebenfalls in England wurde anfang der siebziger Jahre jene frauenpolitische Kampagne angekündet, dessen berühmtes Motto – „Lohn für Hausarbeit!“ – innerhalb von ein paar Monaten durch die Weltpresse lief.[12]

Die Entstehung des spanischen Feminismus und seiner Strömungen verband sich in der Regel mit den verschiedenen Bewegungen gegen die Diktatur von Franco in der ersten Hälfte der 1970-er Jahre. Die bekannteste Organisation war die der kommunistischen Partei nahe stehende Vereinigung der Demokratischen Frauen (Asociación de Mujeres Democraticas), die mit vielen anderen Organisationen in Verbindung stand und dadurch über eine breite Massenbasis verfügte. Selbst in Baskenland wurden Frauenorganisationen ins Leben gerufen, die sich aber nicht nur nach den Fragen de Feminismus, sondern auch der Nationalität orientierte. Von der Mitte der siebziger Jahre an wurde die Front für die Befreiung der Frauen (Frente de Liberación de la Mujer) mit Sitz in Madrid zur stärksten Frauenorganisation in Spanien. Sie hatte zwar keine allzu große Mitgliedschaft, doch schöpfte ihre Stärke aus dem Erscheinen in den Medien bzw. der engen Beziehung zum Netzwerke der Journalistinnen im Lande. Ihre wichtigsten Forderungen waren damals die Rechte auf Abtreibung und Scheidung, gleichfalls die sexuelle Freiheit der Frauen bzw. die Akzeptanz des Lesbismus. Man darf nicht vergessen, dass in dieser Zeit in Spanien der Katholizismus noch sehr stark präsent ist, während diese Frauengruppen ihre Ziele vor allem mit den Mitteln des kulturellen Feminismus und in Verbindung mit den politischen Kämpfen für Demokratie zu verwirklichen suchten. Nach Francos Tod bzw. mit dem Ans-Ruder-Kommen der sozialistischen Partei lösten sich die militanten feministischen Bewegungen auf; das Scheidungsgesetz trat 1981 in Kraft, und 1984 kam auch die Abtreibungsgesetz – allerdings nur teilweise – zur Geltung. Viele frühere feministische Leader traten in die sozialistische Partei ein, das Fraueninstitut kam ins Leben. Auch eines der wichtigste Ziel der Regierung wurde erreicht: Viele Frauen kam in führende Positionen in den verschiedenen Regierungs- und sozialen Institutionen und Instituten.[13]

Demnach kann man in Spanien von einer Art von oben regierten staatlichem Feminismus sprechen. In seiner Nachfolge hat sich auch das spanische Frauenbild wesentlich verändert. In der Europäischen Union wurde es beinahe zur Mode, in der Frauenpolitik sich auf die beispielhaften Veränderungen in Spanien zu beziehen. Im Jahre 2009 waren aus 17 Mitgliedern der Regierung 9 Frauen, unter ihnen auch die Vizepräsidentin der Regierung bzw. die Verteidigungsministerin (Carme Chacón Piqueras), die das Ministerium übernahm, als sie gerade Schwanger war. Die erwähnte Vizepräsidentin, Maria Teresa Fernández de la Vega konnte sich zur Zeit Francos allerdings noch um keine Richterstelle bewerben. Die „geschlechtliche Wende“ vollzog sich in Spanien von der Franco-Ära bis zur Wahl Zapateros erst allmählich.[14]

Neben dem Feminismus in Spanien ist auch jener in Italien besonders interessant innerhalb der mediteranischen Welt. Die bekanntesten Experten[15] sind damit einverstanden, dass die feministischen Bewegungen in Italien den stärksten Erneuerungsgeist in Europa gebracht haben. Ein wesentliches Element des italienischen Feminismus seit den sechziger-siebziger Jahren ist seine andauernde Verbindung mit den Bewegungen der Linke; er genoss lange Zeit auch die Unterstützung der kommunistischen Partei Italiens.[16]

In den siebziger Jahren war die wichtigste italienische feministische Organisation die Union der Italienischen Frauen (Unione delle Donne Italiane – UDI). Sie bestand bis 1978 und spielte eine wichtige Rolle bei der Einführung – ein gutes Jahrzehnt vor den Spanierinnen – des Scheidungs- und Abtreibungsgesetzes 1974. Die Kämpfe des italienischen Feminismus schienen europaweit die stärksten, militantesten, dennoch lösten sich die feministischen Organisationen in Italien bis Ende der siebziger Jahre auf. Das lässt sich auch mit der Entwicklung einer neuen Lifestyle-Politik in Italien erklären.[17]

Der italienische Feminismus spielte in mehrfacher Hinsicht eine Zwischenrolle zwischen der Kommunistischen und Sozialistischen Partei. Demzufolge verstärkten sich von den achtziger Jahre an die frauenpolitischen Forderungen erneut. Vor allem die Begriffsdeutungen der sozialen Unterschiede und Gerechtigkeit standen im Vordergrund.[18]

In den neuen feministischen Diskursen am Ende der neunziger Jahre erhielt die Umorganisierung der sozialen Zeit, die man dem mehrfach gegliederten Lebensrhythmus der Frauen anzupassen suchte (z.B. Arbeitszeit der Frauen, Öffnungszeiten der verschiedenen Geschäfte und Institutionen, usw.), eine besondere Aufmerksamkeit. Von der Mitte der neunziger Jahre an fordern einige Strömungen – u.a. auch Berlusconi – die Wiederherstellung der traditionellen familiären Wertnormen. Die zu dieser Zeit an die Macht gekommene Koalition der Links-Mitte beförderte die institutionellen Entwicklungen und unterstützte den dezentralisierten, von unten sich aufbauenden Feminismus.

Überblickt man die Wirkungsmechanismen der euroatlantischen feministischen Politik, das wohl wichtigste Bindeglied in ihrer Vielfalt sind die Werte des Identitätsbewusstseins und die daraus gesetzten Ziele. Die gemeinsame Genese von all den feministischen Strömungen beruht auf der kulturellen Polyphonie des Feminismus selbst. Die folgende Typologie illustriert diesen polyphonen Charakter deutlich:

 

Die Typologie der feministischen Bewegungen:[19]

 

Typus

Identität

Gegner

Ziel

Die (liberalen und sozialistischen) Rechte der Frauen

Frauen als menschliche Wesen

Der patriarchalische Staat und/oder der patri­archale Kapitalismus

Gleiche Rechte (die Rechte bezüglich der Kindergeburt inbegriffen)

Kultureller Feminismus

Die Gemeinschaft der Frauen

patriarchale Institutionen und Werte

kulturelle Autonomie

Essentialistischer Feminismus (Spiritualismus, Ökofeminismus)

Die Daseinsweise der Frauen

Die Daseinsweise der Männer

matriarchale Freiheit

lesbische Feminismus

sexuelle/kulturelle Geschwisterlichkeit

patriarchale Hetero­sexualität

Aufhebung der Geschlechtsunterschiede Separatismus

Spezifische Identitäten der Frauen (ethnisch, national und je nach Selbstdefinition, z.B. schwarze lesbische Feministinnen)

nach Selbstdefinition

kulturelle Dominanz

Multikulturalismus ohne  Geschlehctsunterschiede

Praktischer Feminismus (arbeitende Frauen, Mutterschaft aus Selbstverteidigung)

ausgebeutete und missbrauchte Frauen und Hausfrauen

patriarchaler Kapitalismus

Überleben, Würde

 

Aus der obigen Tabelle wird ersichtlich, dass das Hauptziel der Rechtschutz der verschiedenen Aspekte des Frauendaseins ist, d.h. die gemeinsame Grundlage der verschiedenen Feminismen ist der Kampf um menschliche Rechte. Die europäischen frauenpolitischen Kämpfe werden ebenfalls verknüpft durch den Kampf gegen die Männerdominanz. Dieser wurde vor allem von den sozialistischen Feministinnen mit antikapitalistischen Argumenten verbunden.

Auch die Vertreterinnen des kulturellen Feminismus richten sich gegen die patriarchalische Gesellschaft, untersuchen gerne die Rollen der Frauen in der Geschichte und suchen daraus die speziellen Frauenidentitäten abzuleiten. Sie achten ebenfalls auf die kulturelle Autonomie und ihre Werte, und setzen ihr Vertrauen darauf, dass sie durch Verhandlung und Kooperation ohne Gewalt imstande sein werden, durch die Gestaltung einer neuen Art Frauenidentität und einer charaktervollen Frauenkultur einen Wandel in der Gesellschaft bewirken können.

Die Strömungen  des liberalen Feminismus erzielten vor allem ein Frauendasein ohne Diskriminierungen; anfangs traten sie vorzüglich für das Wahlrecht der Frauen ein. Dieser Kampf um ihr Wahlrecht hat übrigens den feministischen Kämpfen eine zusätzliche Kraft verliehen.

Die Institutionen des radikalen Feminismus führten ihre politischen und rechtlichen Kämpfe mit einer strengen sozialkritischen Einstellung. Durch eine breite Aufklärung suchten sie die Fragen nach Frauenidentität und -bewusstsein zu stärken. In ihrem Kampf verwendeten sie allerdings auch separatistische Prinzipien. Sie gingen davon aus, dass die Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern in der gegenwärtigen Gesellschaft ungleich sind, weshalb selbständige Institutionen zum Ausgleich der Wertkollisionen zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit nötig sind. Ein wichtiges Element des radikalen Feminismus ist auch die kritische Einstellung gegenüber der Praxis des liberalen Feminismus, der keine Frauenrollen akzeptiert, die durch gesellschaftliche Zwänge hervorgerufen und aufrechterhalten werden.[20]

Von den biologischen und geschichtlichen Unterschieden bzw. den Differenzen in ihrer Lebensführung ausgehend verkündet der essentialistische Feminismus den höheren Wert der Frauen. Er baut ebenfalls auf die Angriffe gegen die patriarchalische Ordnung und versucht mit dem Instrumentarium der klassischen  Weiblichkeit Identitätsgründe zu formulieren. Eines seines Mottos ist die Befreiung der Frauen aus ihrer biologischen Gefangenschaft, in die sie von den Männern gezwungen wurden. Diese Richtung des Feminismus leitet die geschichtlichen Auffassungen über die Frau auf die goldene matriarchalische Zeit zurück, und versucht zu beweisen, dass eine auf die Zentralrolle und sogar Macht der Frauen gegründete Gesellschaft die Harmonie derselben gewährleisten könne. Der essentialistische Feminismus wurde von fast allen anderen feministischen Bewegungen unterstützt, denn das Neudenken der Weiblichkeit eben aufgrund der Veränderung der etablierten geschichtlichen Praxis erst als möglich erschien.

Unter den vielen feministischen Strömungen lässt sich noch der psychoanalytische (auf Freuds Lehre gegründete) Feminismus, der den biologischen Determinismus leugnet und die Lage der Frauen vor allem als Resultate der Sozialstrukturen begreift. Eine ähnlich wichtige Rolle spielten die sog. ideologisch-politischen Feminismen, unter denen die bekanntesten der marxistische und der sozialistische Typ ist. Jener machte vor allem durch seinen antikapitalistischen Zug auf sich aufmerksam, indem er die Unterdrückung der Frauen, ausgehend von den Lehren Engels’, aus zwei Perspektiven: der Klasse und der geschlechtlichen Orientierung untersuchte. Der marxistische Feminismus erreichte hauptsächlich in den Bereichen der Organisationssoziologie beachtenswerte Ergebnisse, und stellte auf Konsens basierte Lösungen in den Vordergrund.

Die andere Richtung, die auf sozialistische Prinzipien baute, betrachtete das Synthetisieren als seine Hauptaufgabe. Sie gedachte, das Weltbild der Frauen zu verändern, und wurde dabei damit konfrontiert, dass die Frauenrollen vom industriellen Kapitalismus in der Form gestaltet wurden, wie man sie heute kennt, in welchem Prozess die Frauen gleichsam sekundär wurde, bzw. gedemütigt wurden in dem Sinne, dass ihre Hausarbeit von der Gesellschaft als nicht gleichwertig mit der Lohntätigkeit der Männer anerkannt wurde.

Nach der Jahrtausendwende lohnt es sich  noch einen letzten Blick auf die Feminismen der ehemaligen Kolonien bzw. der dritten Welt zu werfen. Die hochentwickelten euroatlantischen Feminismen haben vor allem der Welt der weißen Frauen den Vorrang gegeben, während sich in den Kolonien die euroatlantische Suprematie mit zahlreichen fremden Identitäten und Kulturen zu konfrontieren hatte. Es entstand eine Art Mischlage, da die Kolonisierung das Instrumentarium der Modernisierung, gepaart mit einer neuartigen Unterdrückung, mit sich brachte. Die Befreiung von der Kolonialherrschaft brachte ebenfalls Mischergebnisse mit sich: Zum einen verbanden sich an mehreren Stellen die Kulturen der Kolonisatoren mit jenen der Kolonisierten, zum anderen blieb die Abhängigkeit auch nach der Befreiung, wenngleich in veränderter Form, erhalten. In diesem Kontext lassen sich große Unterschiede auf den verschiedenen Gebieten der dritten Welt beobachten: In den sich rasant entwickelnden asiatischen Großstädten und ihrer Umgebung erscheinen allmählich Feminismen westlicher Art, während fern von den Entwicklungszentren, auf Gebieten vor allem durch Landwirtschaft geprägt, eine mittelalterlich anmutende Lage der Frauen nach wie vor keine Seltenheit ist.

Überblickt man also die Bewegungen des Feminismus bzw. die Ergebnisse feministischer Politik in den letzten vierzig Jahren, so wird ersichtlich, dass die Verbesserung der Lage der Frauen zu einem gesellschaftlichen Programm herangereift ist, während die biologischen Deterministen mit den betonten Unterschieden zwischen Mann und Frau in Hintergrund geraten sind. Die meisten Kritiken und wissenschaftlichen Theorien werden von der Lage der Frauen am Arbeitsmarkt angeregt. In den Untersuchungen der Beziehungen zwischen Mann und Frau sind die sexuelle Dominanz, die Homosexualität und der Lesbismus, sowie andere Fragen nach der biologischen und poltischen Identität und Rolle der Frauen stark präsent. Die oben angedeuteten feministischen Theorien und Strömungen treten allesamt gegen die Unterscheidung (Segregation) auf. Daraus resultiert der Anspruch auf die Veränderung der bestehenden patriarchalischen Gesellschaft, in der die Gleichberechtigung und die freie Wahl zu Wegweisern werden. Darin kommt dem Neudenken der Arbeitsteilung in der Familie und der Harmonie der einzelnen kulturellen Rollen eine eminente Rolle zu. All das bildet einen markanten Bestandteil der Identitätspoltischen Diskurse und Dispute am Anfang des neuen Jahrtausends.

 

 

Bibliografie

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[1] Jane Mansbridge: What is the feminist movement? In: M.M. Ferree/ P.Y. Martin (eds.): Feminist Organisations. Harvest of the New Women’s Movement. Temple University Press 1995, S. 29.

[2] Das Buch ist bis heute eine der brillantesten Schriften in der Geschichte des Feminismus.

[3] M. Castells: The Power of  Identity. 2nd ed. Blackwell Publishing 2004, S. 235-236.

[4] Castells, S. 238.

[5] Die bekanntesten unter ihnen waren die Folgenden: Women’s Legal Defense Fund, das Institute for Women Policy Research, das Center for Women Policy Studies, Fund for Feminist Majority, National Institute for Women of Color oder das National Committee for Pay Equity.

[6] Zit. nach Castells, S. 241.

[7] Beispiele: ein Mitarbeiter berührte die Schulter einer seiner Kollegin, worauf diese ihm einen Prozess anhängte. Ähnlich ging eine Sekretärin vor, als ihr Kollege ihre Kleid lobte, was sie als eine Deprimation empfand. Einmal traten aus einem Aufzug in New York ein Mann und eine Frau gleichzeitig aus, wobei jener ihre Brust zufällig berührte, was vor dem Gericht als eine große Atrozität präsentiert wurde; der Prozess wurde auch in diesem Fall von der Frau gewonnen.

[8] Z.B. klassische hierarchische Dichotomien wie Gut und Böse, Mann und Frau, Materie und Geist, Kultur d Natur, Herz und Vernunft.

[9] Nach einer in der Antike verbreiteten Meinung das ordentliche, wahre Geschlecht sei das männliche, verglichen mit dem die Frau lediglich eine unvollkommene, missratene Spielart ist. Die Idee stammt von Aristoteles, der meinte, alle Wesen seien im embryonalen Zustand männlich, und erst später, dank einiger dazwischenkommender Fehler werden einige weiblich. Auch in der Anthropologie Platons ist der Mann der normgebende, während die Frauen dem dummen Tier näher stehen, als dem Mann.

[10] Castells, 245f.

[11] Zit. nach Castells, S. 246f.

[12] Der wesentlicher Aspekt dieses Kampfes bestand darin, dass die verschiedenen feministischen Gruppen die Berechtigung dieser Forderung bestritten, denn ihrer Ansicht nach bleib die Mutter, die die Hausarbeit verrichtet, nach wie vor in einer untergeordneten Position, gleichsam eingeschlossen in die patriarchalischen Familie.

[13] „A leading socialist feminist, from the labor union movement, Matilde Fernandez, was appointed Minister of Social Affairs, and exercised her influence and strong will in strengthening women’s causes in the second half of the Socialist regime. She was replaced as minister in 1933 by Cristina Alberdi, another veteran of the feminist movement, and a prestigious jurist. Carmen Romero, the country’s first lady, and a socialist militant of long date, alongside her husband Felipe Gonzalez, was elected to parliament, and played a major role in modifying the party’s traditional sexism. For instance, a rule was approved in the party’s statutes reserving 25 percent of leadership positions to women (a promise that remained unfulfilled, although women’s numbers did increase in the leadership of both party and government).

Thus, on the one hand, feminists did have a major impact on improving Spanish women’s legal, social, and economic condition, as well as in facilitating the entry of Spanish women to prominent positions in politics, business, and society at large. Attitudes of traditional machismo were dramatically eroded in the new generations. On the other hand, the feminist movement practically disappeared as an autonomous movement, emptied of its caders and entirely focused on institutional reform. There was little room left for lesbian feminism, and for an emphasis on difference and sexuality.” Castells, S. 249.

[14] Ein wichtiges Element der feministischen Kämpfe der letzten vier Jahrzehnte ist das Streben, mit der klassischen männlichen Dominanz, dem „Machismus“ abzurechnen. Demzufolge will man die Zahl der Frauen nicht nur in den politischen Institutionen, sondern überhaupt in den Sphären der Ökonomie und Gesellschaft auf 40% erhöhen. In der tat hat die spanische Gesellschaft in den letzten  Jahrzehnten das alte, klassische „hispanische“ Familienmodell langsam überholt. Allerdgins sind nicht alle mit der Verstärkung der Frauengesellschaft einverstanden, so bevorzugt die volksparteiische Opposition vielmehr das klassische Familienmodell und die Erhaltung der traditionellen Geschlechtsrollen. Man bringt dazu als Argument die Statistiken der letzten Jahre, nach denen die Umwandlung der Familiendimension gleichzeitig die Zeichen des Zerfalls trägt, sowie die negativen Angaben zur Gewalt in der Familie.

[15] So etwa Bianca Becalli (1994), Ergas (1985) oder Birnbaum (1986).

[16] Vor der politischen Wende in Ost-Europa verfügte, außer den Ländern des Ostblocks, nur die italienische kommunistische Partei über eine große Mitgliedszahl. Von den siebziger Jahren an erzielte die Hauptlinie des italienischen Feminismus die Massen von arbeitenden Frauen, und forderte wirtschaftliche Gleichheit, die Befreiung der Frauen und die Verminderung der herkömmlichen Männerdominanz in der Gesellschaft.

[17] „On the one hand, Italian women conquered substantial legal and economic reforms, entered massively the labor force and educational institutions, undermining sexism, and, more importantly, the traditional power exercised by the Catholic Church over their lives. Thus, the open, clear battles in which the left, the unions, and women could easily converge were won, although the victory was not always exploited to the utmost. […] At the same time, the close connection between the women’s movement and the left prompted the crisis of political feminism together with the crisis of the left itself. The revolutionary left, living on a Marxist/Maoist fantasy (elaborated with remarkable intelligence and imagination, thus making artificial paradises even more artificial), disintegrated in the second half of the 1970s. The labor movement, while not having to confront a neo-conservative backlash as in Britain or the United States, was faced in the 1980s with the new realities of globalization and technological change, and had to accept the constraints of Italian capitalism’s international interdependence.” (Castells, S. 251)

[18] Zu dieser Zeit fand in Italien eine geistige Neuorienteirung der Frauen auch im  Bezug auf Vorbilder statt. Das frühere Frauenikon war Alexandra Kollontai, die in den Leninzeiten das Ideal der sexuell emanzipierten kommunistischen Frau verkörperte. Das neue Vorbild wurden Luce Irigaray, die französische Theoretikerin des Feminismus, sowie Adrienne Rich, die amerikanische Dichterin und Philosophin, die die Ideologie des Lesbismus verkündete.

[19] Nach Castells, S. 254.

[20] Weitere Aspekte dieses Streites: Die Frage, wie man jene Frauen beurteilt, die sich für die Karriere entscheiden und keine Familie gründen; welche Einwirkung diese Einstellung auf die Geburtsraten hat; wenn hingegen die hauptamtliche Mutterschaft massenweise gewählt wird, so wird das soziale Gesamtprodukt von wenigeren Menschen hergestellt werden müssen; inwiefern die mit der Kindererziehung zu Hause verbrachten Jahre hinsichtlich des Rentenrechts einbezogen bzw. anerkannt werden können, usw.