Imre Mátyás

Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts

 

 

 

 

1. Das große Werk; Ziele und Hintergrund

 

Es ist einige Jahre her, dass das Europäische Parlament einen Beschluss verabschiedet hat, in dem die Europäische Kommission zu der Ausarbeitung eines neuen Europäischen Zivilgesetzbuches aufgefordert wurde. Die Kommission hat jedoch keine große Begeisterung für diese Konzeption gezeigt. Es ist aber sicher, dass der Plan des Europäischen Zivilgesetzbuches eine der herausfordernsten Ideen der europäischen Rechtsgeschichte zu sein scheint. Obwohl von manchen Fachleuten immer noch bestritten, sollte keine Zweifel daran bestehen, dass ein sehr großer Anspruch auf ein vereinheitlichtes Vertragsrecht für Europa stattfindet. Der Weg dies zu erreichen, ist aber noch nicht ganz klar. [1]

Die primären Ziele der Grundregeln liegen in der Vorbereitung einer systematischen Harmonisierung des Vertragsrechts in den EG-Mitgliedsstaaten.[2] Mit den Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts (Grundregeln) als Grundlage, wäre eine umfassende Rechtsangleichung innerhalb Europas in effektiverer Weise möglich, als es bisher durch die erlassenen Richtlinien geschehen ist. Sie erfassten ja immer nur einzelne Details bestimmter Rechtsgebiete, vor allem den Verbraucherschutz.

Eng mit diesem Ziel ist die Funktion der Grundregeln als Basis für eine einheitliche Kodifikation des Vertragsrechts in Europa[3] verbunden, die das Europäische Parlament schon bereits zweimal gefordert hat. Allerdings gehen die Meinungen der Kommissionsmitglieder in diesem Punkt auseinander. Einige haben ein rein akademisches Interesse an den Grundregeln, wie z.B. Prof. Zimmermann aus Regensburg, während hingegen andere, wie Prof. Lando, in den Grundregeln eine echte Vorstufe für ein “Europäisches Zivilgesetzbuch“ sehen.

Dementsprechend sind zwei große Richtungen zu unterschieden. Die eine durch Kodifikation verwirklichende und die andere durch langsame, fast natürliche Entwicklung stattfindende Vereinheitlichung.[4]

Die erste betont, dass das einheitliche Vertragsrecht durch Kodifikation am schnellsten und einfachsten erreichbar sei. Diese Tendenz wird von vielen Professoren und anderen Wissenschaftlern unterstützt. Sie sagen, dass die Gesetzgeber, in unserem Fall die entsprechenden Organe der Europäischen Union, relativ schnell und begründet einen solchen Kodex erschaffen können. Über die Geschwindigkeit muss man nicht viel sprechen, es reicht, einen Blick auf die Arbeit der Lando-Kommission zu werfen. Sie arbeiten sehr präzise und professionell, aber es dauerte eine lange Weile, bis nur die ersten zwei Teile der Grundregeln ausgearbeitet worden waren. Trotz aller Schwierigkeiten, scheint diese Methode vielversprechend und erfolgsreich zu sein. Dieser Weg sichert auch die weite Verbreitung der neuen Studien. Es ist nämlich viel einfacher ein neues Gesetzbuch an den Universitäten zu unterrichten. Auch eine erwähnenswerte Tatsache, dass sich die neue Generationen der Juristen mit dem brandneuen Material in kürzerer Zeit vertraut machen können.

Von dem anderen Lager ist die Situation ganz anders beurteilt. Sie drängen darauf, dass das Recht nur einfach wachsen zu lassen, und nicht von oben in das sich seit längerer Zeit entwickelnde nationale Recht einzugreifen ist. Die nationalen Rechte gehören zu der Erbschaft der einzelnen Länder. Daher muss man sehr vorsichtig sein. Die unüberlegte Vereinheitlichung kann gefährlich sein. Welcher Richter oder Staatbeamter wird mit 45 oder 55 Jahren wieder an der Universität studieren, um sich das neue Recht anzueignen? Das Recht sollte nicht künstlich geändert werden, es hat Seele, und sie wäre durch diesen Prozess schwer verletzt.

Zu der, von den Gerichten verwirklichende Vereinheitlichung sagen jedoch auch sie ja. Es sei gar kein Problem, dass diese Entwicklung auch Jahrhunderte dauern kann, die Wissenschaftler und auch die Wissenschaft haben Zeit. Gilt es ebenso für die Gesellschaft? Das wichtigste ist, dass das Recht, das bisherige Recht, weiterleben muss. Wenn die Gerichte der Meinung sind, dass auf dem Wege vereinheitlichender Urteile eine gewisse Rechtsharmonisierung erforderlich wäre, dann werden sie das machen. Wenn nicht, dann nicht – wird von den Wissenschaftlern gemeint.

Nach Ansicht von anderen, zum Beispiel Dieter Martiny[5], kann im Ansatz zwischen drei Denkschulen oder Richtungen unterschieden werden. An erster Stelle zu nennen ist eine “abwartende“ oder “ablehnende“ Haltung, zweitens ein “evolutionär-wissenschaftlicher“ und schließlich ein “legislatorischer“ bzw. “kodifikatorischer“ Ansatz .

Der an erster Stelle erwähnte Ansatz, der als “ablehnend-abwartend“ bezeichnet werden könnte, hält die Entwicklung eines einheitlichen Zivilrechtes und eines europäischen Zivilgesetzbuches für zu komplex und übereilt, auch aber wirtschaftlich für nicht ganz notwendig, wenn nicht aber für unmittelbar schädlich.[6] Auch wie oben schon erwähnt worden ist, sind die Vertreter dieses Ansatzes um die kulturelle Vielfalt Europas besorgt. Eine Vereinheitlichung scheint den Europa-Skeptikern zu teuer, zu früh und zu ungemütlich zu sein. Außerdem gibt es auch einen Zusammenhang mit den wirtschaftspolitischen Verläufen der Welt und Europas. Den wirtschaftlichen Wettbewerb durch die Ausnutzung nationaler Rechtsunterschiede stimulieren zu wollen scheint lediglich auf Randgebieten hinnehmbar zu sein. Diese Gruppen haben auch Furcht vor Veränderungen. Sekundäres kann auch die Nostalgie eines Festhaltens an den bestehenden Verhältnissen nicht rechtfertigen. Eins ist aber klar: der bisherige unbefriedigende Zustand ruft nach weiteren Aktionen.

Die Mitglieder der anderen, “evolutionär-wissenschaftlichen“ Richtung stimmen zu, dass etwas im Bereich des Vertragrechtes passieren soll, aber die Art und Weise ist ganz unterschiedlich von dem dritten, “kodifikatorisch-legislatorischen“ Ansatz.

Der evolutionär-wissenschaftliche Ansatz geht davon aus, dass die Europäisierung, die Ausbildung und die Rechtswissenschaft Vorrang vor gesetzgeberischen Maßnahmen haben müssen. Sie fordern also keine von oben dekretierte Vereinheitlichung, sondern eine von unten, langsam wachsende Entwicklung. Sie haben die Meinung, dass zuerst die Basis geschaffen werden solle. Die Vertreter dieser Richtung halten es für wesentlich, eine gemeine, europäisch orientierte juristische Ausbildung zustande zu bringen. Ein Instrument dieser Bestrebung könnte das Lehrbuch von Professor Kötz und Flessner über Europäisches Vertragsrecht sein. (Selbst Kötz ruft in der Einleitung seines Buches[7] die Wichtigkeit eines europäischen Lehrbuches an:[8]

“Es ist doch sehr wichtig, auch wenn die verschiedensten Argumenten lieber für den “kodifikatorisch-legislatorischen“ Ansatz sprechen, eine umfassende europäische Bildungsstruktur zu erschaffen, in der die neue juristische Generation Europas sich mit dem gemeinen Rechtsmaterial bekannt macht.“

Eine ähnliche Entwicklung wie in der Ausbildung sollte es auch in der Forschung geben. Das bedeutet, dass auf dem Vorbild des Unterrichtes auch solche gemeine Forschungsprojekte vermutet werden sollten, die die Entwicklung des gemeinsamen europäischen Privatrechtes fördern könnte. (ein gutes Beispiel dazu die schon erwähnte gemeine Forschungsprojekte und Kommissionen)).

Der “kodifikatorische-legislatorische“ Ansatz, zu dessen Vorkämpfern auch Ole Lando gehört,[9] verlangt daher – unterschiedlich drängend vorgetragen, weitere Maßnahmen in Richtung eines europäischen Privatrechts. Obwohl die hohe Zeit der nationalen Kodifikationen, mit der naturrechtlichen und aufklärerischen Tradition sicherlich vorbei ist, kann man ganz neue Beispiele für vielversprechende Kodifikationsversuche zitieren (siehe hier Holland). Aber schnelle, technische, gesellschaftliche und grenzüberschreitende Entwicklungen lassen manches Kodifikationsergebnis von Anfang an als fragwürdig erscheinen.[10] In der europäischen Rechtsgeschichte können doch viele erfolgsreiche Kodifikationsbestrebungen beobachtet werden. Erstens sollte das Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungs-übereinkommen von 1968 (EuGVÜ) erwähnt werden, das einzig in seiner Art war. Diesen Übereinkommen folgte das Europäische Übereinkommen über das auf Schuldverträge anzuwendende Recht von 1980 (Römische Konvention). Die Vertreter der dritten, “kodifikatorischen-legislatorischen“ Richtung meinen, dass ein gemeinsames europäisches Zivilgesetzbuch erforderlich wäre, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, aber auch, weil die Europäische Gemeinschaft von Anfang an auch als Rechtsgemeinschaft konzipiert worden ist.

 

2. Der tiefere Sinn der Grundregeln

 

Wie in dieser Arbeit schon mehrmals erwähnt wurde, sind die Grundprinzipien des Europäischen Vertragrechtes der heutzutage interessanteste und vielversprechendste Erfolg der Rechtsvereinheitlichungsbestrebungen. Im Jahre 1995 ist Teil I der Grundprinzipien erschienen, die von der von Mitgliedern aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehenden Kommission ausgearbeitet worden sind. Spiritus Rector und Vorsitzender von Anfang an war und ist der dänische Professor Ole Lando, deshalb wird die Kommission häufig als Lando-Kommission bezeichnet.[11]

Die Grundregeln sind in der wissenschaftlichen Diskussion auf große Resonanz gestoßen und haben der Diskussion über eine europäische Rechtsvereinheitlichung starke Impulse gegeben.[12]

Zusätzlich sollen sie den nationalen Gesetzgebern als Vorbild und Anregung dienen, in ihrem jeweiligen Land eine Reform bzw. eine Neuformulierung des Vertragsrechts durchzuführen. Dabei wird vorwiegend an ehemalige sozialistische Staaten in Mittel- und Osteuropa gedacht, die ihre Rechtsordnungen den Anforderungen der Marktwirtschaft anpassen wollen[13].

Die gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien nicht berücksichtigend, ist die Tätigkeit der Lando-Kommission die älteste in dem Rechtsvereinheitlichungsprozess. Sie hat 1980 begonnen. Am Anfang haben der überwiegende Teil der Mitglieder vorgehabt, Grundprinzipien bezüglich der grenzüberschreitenden Rechtsverhältnisse zu schaffen. Das Ziel war solche Regelung zu setzen, die von Schiedsrichtern dann angewendet werden können, wenn keine Rechte von den Parteien für ihren Vertag gewählt worden sind (zB. die Parteien haben ihren Vertrag der lex Mercatoria oder der international anerkannten Grundregeln untergeordnet), oder die Parteien selbst haben ein Recht ausgewählt, ihren Vertrag zu regeln. Gemäß zahlreichern Rechtssysteme ist es für die Parteien möglich, ein Schiedsrichterverfahren auszuwählen und ein anderes, als das innere Recht für den Vertrag anwendbar, geltend zu machen. Selbst wenn das nationale Recht es nicht ermöglicht, wird es im Allgemeinen genehmigt, die Grundregeln des Europäischen Vertragrechtes auf den Vertrag anzuwenden. In den meisten Fällen hat es die gleiche Wirkung, obwohl es in der bedingungslosen Geltung der Normen Unterschiede geben kann.[14]

Selbst wenn die Grundregeln sich ausschließlich auf die grenzüberschreitenden Verträge bezogen würden, hat die Lando-Kommission erkannt, dass die Grundregeln nicht geeignet gewesen sind. Als die Ausarbeitung des zweiten Teiles der Grundregeln (die im Jahr 2000 veröffentlicht worden ist) angefangen hat, hat die Kommission es versucht, eine solche spezialisierte Arbeitsgruppe zu errichten, die sich ausschließlich mit einigen speziellen Verträgen beschäftigt. (z.B. Bauverträge, Verträgen hinsichtlich Kreditinstituten und Finanzierungsdienstleistungen). Die Kommission hat die Meinung gehabt, für die Arbeit dieser Sondergruppe auch finanzielle Unterstützung finden zu können, aber diese Vermutung hat sich als falsch erwiesen, so dass diese Form der Arbeit schnell beendet wurde. Es ist auch von der Kommission entdeckt worden, dass sowie der Vertrag kein abstraktes Phänomen sei, sondern immer in irgendwelchem genannten Form verkörpert werde, ebenso die Regulierung der Verträge nicht in ein rechtliches Vakuum gesetzt werden kann. In zahlreichen Fällen bilden die vertragrechtlichen Regelungen nur einen Teil der Gleichung.[15] Andere Vorschriften, wie beispielsweise die Normen bezüglich der außerhalb des Vertrags entstehenden Schaden spielen auch eine wichtige Rolle im Leben des vertraglichen Rechtsverhältnisses und in der Lösung irgendeiner, aus diesem Verhältnis stammenden Auseinandersetzung, zum Beispiel bei einem Bauvertrag. Der Bauunternehmer, welcher in einem anderen Land arbeiten möchte, wird nicht nur auf die Vorschriften des Vertragrechtes neugierig sein, sondern auch darauf, von welchen Regelungen er auf der Baustelle gegen Dritte betroffen wird, die während der Bautätigkeit zufälligerweise entstehende Schaden erleiden. Weiterhin wird sich der Bauunternehmer auch für solchen Vorschriften interessieren, die mit seiner unausgesetzten Verantwortung in Verbindung stehen, besonders wenn sich das Eigentumsrecht der Baulichkeit verändert. In manchen Rechtssystemen handelte es sich um vertragrechtliche Fragen, aber in anderen, wie zum Beispiel in dem englischen Recht, wird der Problemkreis in dem Bereich für Tatbestände der außer Vertrag entstehenden Schaden behandelt.[16] In diesen Fällen existiert das Problem, dass sich die Grundregeln des Europäischen Vertragrechtes ausschließlich auf die allgemeinen Regeln der Verträge beziehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Grundregeln keinen Wert haben! Ganz im Gegenteil: sie können doch sehr nützlich sein. Erstens, die einzelnen spezialisierten Verträge bezüglichen Regeln werden meistens von den Verträgen selbst erfasst. Diese Lösung kann doch eine besonders auf Common Law kennzeichnende Annäherung sein, doch für eine Reihe von Vertragstypen haben die Engländer keine spezielle Rechtsmaterialen entweder in Form von Rechtsvorschriften oder Gerichtsentscheidungen (Case Law). Statt diesen Rechtsmaterialen sind die Verträge selbst sehr detailliert, die sehr oft in Form allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) erscheinen, um auf diese Weise die Vorschriften des fehlenden Bürgerlichen Gesetzbuches zu ersetzen.

Zweitens, die ausgearbeiteten Grundregeln können hervorragend den Rahmen des Gemeinschaftsrechts sichern. Das heutzutage geltende Rechtsmaterial wird heftig wegen seiner schwachen Qualität – man muss zugeben: begründet - kritisiert. Es ist schwierig zu verstehen, kaum fassbar und benutzt die verschiedenen Definitionen nicht konsequent. Zum Beispiel ändert sich die Definition des Verbrauchers oft unter den einzelnen Richtlinien. Das ist aber nicht den Juristen nachzutragen! Dieses Ergebnis kommt daher, dass die Richtlinien nach schweren politischen Auseinandersetzungen zustande kommen. Das Problem wird aber noch von der Tatsache vertieft, dass Europa über kein gemeinsames Rechtsdefinitionssystem verfügt, woran diese Richtlinien aufgebaut werden könnten. Die Grundregeln des Europäischen Privatrechtes können der Entwicklung dieses Definitionssystems als nützliches Modell dienen.

Außerdem, wie in dieser Arbeit schon mehrmals erwähnt worden ist, ist das Grundziel, den Preis der zwischenstaatlichen Geschäftsverbindungen dramatisch zu reduzieren und einen gemeinsamen Markt auszubauen. Dazu wird aber eine auf viel breiterem Grund liegenden Rechtsharmonisaton gebraucht. In Wirklichkeit sind solche Rechtsvorschriften zu harmonisieren, die auf die vertraglichen Rechtsverhältnisse unmittelbare Wirkung haben. Manche Leute sagen nur einfach: es wird wirklich ein Europäisches Zivilgesetzbuch gebraucht! Manche sind – wie oben schon detailliert erörtert worden ist – weniger ambitiös, für sie reicht es nur die Harmonisation zu fördern. Der Maßstab der Rechtsharmonisation, die manche Leute wollen, zwischen der totalen Vereinheitlichung und der durch einzelne Schritte, graduell zustande kommenden Annäherung gibt es einen sehr großen Unterschied. Das könnte auch das Ergebnis der verschiedenen, kollidierenden mit der vollen politischen Vereinheitlichung Europas zusammenhängenden Ansichten sein. Aus historischem Gesichtspunkt ist es ganz klar: die Kodexe sind im Allgemeinen die Produkte der politischen Vorstellungen, und leider für viele Leute scheint  diese Behauptung auch noch heute wahr zu sein. Das erleichtert aber die Vereinheitlichungsbestrebungen gar nicht.

Und jetzt, vor der vertiefenden Bekanntgabe der Regelungen der Grundregeln des Europäischen Vertragrechtes sollten ein paar Wörter über die Schaffung des Europäischen Zivilgesetzbuches nützlich sein.

Es ist weitbekannt, dass die Arbeit an einem Europäischen Zivilgesetzbuch schon angefangen hat. Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Stand der jeweiligen Rechtsgebiete in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu erfassen und durch einen Vergleich dieser Regelungen die Grundlage für eine spätere Harmonisierung dieser Rechtsgebiete zu legen.[17]

An der Universität von Osnabrück unter Leitung von Professor Christian von Bar ist eine Forschungsgruppe zustande gekommen, welche als Projekt die sehr große Herausforderung des Europäischen Zivilrechtes hat. Es sind von Professor von Bar verschiedene Arbeitsgruppen geschaffen worden. Alle Arbeitsgruppen haben einen Leiter, meistens in Person eines rangälterten Professors, unter dessen Leitung eine Reihe von Forschern, im Allgemeinen jungen Juristen, Doktoranden, die parallel mit dem Fortschritt des Projekts ihre Dissertation schreiben. Jene Gruppen beschäftigen sich mit einem gewissen Thema der Rechtsvereinheitlichung. Deren Arbeit wird von den, aus vielen verschiedenen Ländern stammenden Dozenten und Wissenschaftlern, vereinigten Beratendem Rat von Professoren unterstützt. Die ausgearbeiteten Entwürfe werden zu einem koordinierendem Rat weiterbefördert, in der alle Mitgliedstaaten vertretet sind, in dem auch Plätze für Beobachter aus den Mittel-Osteuropäischen Staaten (MES) gesichert werden. Der Ungarische Vertreter in diesem Projekt ist Professor Lajos Vékás. Das Projekt als Ganzes wird von einer Lenkungskommission geleitet, deren Vorsitzender Professor von Bar ist.

Die folgenden Gruppen entfalten ihre Tätigkeiten derzeit:

·        Die Verantwortung für außervertragliche Schuldverhältnissen (von Bar, Osnabrück)

·        Ungerechtfertigte Bereicherung und Negotiorum Gestio (von Bar, Osnabrück)

·        Warenverkauf (Hondius, Utrecht)

·        Dienstleistungen (Barendrecht, Tübingen)

·        Franchise und Mandatsvertrag (Hesselink, Amsterdam)

·        Auf Namen Lauteten Wertpapieren und über Mobilien Bestimmungsrecht sichernde Wertpapieren (Drobnig, Hamburg)

·        Übertragung des Rechtstitels über Mobilien (Reiner, Salzburg)

·        Versicherungsvertragsrecht (Basedow, Hamburg[18])

·        Finanzielle Dienstleistungen (Prum, Luxemburg, und Aynès, Paris)[19]

Dieses Projekt verfügt über zahlreiche Unterstützungsformen, der Hauptspender ist aber der Deutsche Akademische Forschungsfonds. Die für die Forschungsassistenten erforderlichen Geldsummen werden von den lokalen Arbeitsgruppen bereitgestellt.

Der erste Teil dieser hervorragenden Arbeit, Grundregeln des Europäischen Privatrecht ist 1995, der zweite, übergearbeitete Teil ist Anfang 2000, erschienen.

Das Geheimnis der Tätigkeit der Lando-Kommission steckt darin, dass sie parallel in zwei, auf den ersten Blick verschiedene Richtungen, einerseits einer breiten und anderseits einer engen Richtung arbeitet. Die breite Perspektive, beschränkt das Projekt der Kommission nur auf ihre pragmatische Funktionen. Die Tätigkeit der Lando-Kommission bedeutet mehr als nur eine Antwort auf die praktischen Bedürfnisse des wirtschaftlichen Lebens. Gleichzeitig hilft dieses Projekt die Fehler solcher “selbstlaufenden“ Prozesse zu korrigieren, wie die Europäisierung des Zivilrechtes und/oder die Internationalisierung des Vertragrechtes. Die enge Annäherung begrenzt die kritische Funktion der Lando-Kommission, nämlich dass es doch nur ein nichtgesetzgeberisches Projekt der Vereinheitlichung des Vertragsrechtes ist. Diese Meinung unterscheidet sich sogar von der Selbstdefinition der Kommission, die als “ein gesetzgeberisches Projekt“ lautet.[20]

Zur Zeit wird der dritte, und zwar der letzte Teil der Europäischen Vertragrechtlichen Grundregeln bearbeitet. In Rahmen dieser Tätigkeit werden die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts, nämlich die Regelungen hinsichtlich der Wirkungen der Ungültigkeit und Unsittlichkeit, des Zinseszins, des Zustandes, des Erwerbs durch ständigen Genuss (Ersitzung), der Rechtsübertragung, der Schuldübernahme, der Aufrechnung, und der Schuldner- und Gläubigergemeinschaft geprüft.[21].

Die Arbeit der Lando-Kommission läuft auf dem folgenden Weg: Erstens wird ein Entwurf (position Paper) von einem Berichterstatter präsentiert. Dann entwirft die gleiche Person einen mit Begleitschreiben versehenen Text. Diese zwei Entwürfe laufen durch eine Entwurf-Gruppe (drafting group), die mit der Vorbereitung und Koordination beauftragt ist. Die mit dem Begleitschreiben versehenen Texte werden im Allgemeinen dreimal im Plenum der Arbeitsgruppe besprochen. Wenn der Text endgültig fertig gestellt worden ist, werden die Mitglieder der Kommission gebeten, Länderberichte zu schreiben. Auch gibt es eine Redaktionsgruppe (editing group), die oft entstehenden sprachlichen Inkonsistenten aufzuspüren.[22]

Die Tätigkeit der Lando-Kommission steht seit Jahren im Fokus der Interesse der Rechtswissenschaftler und sorgt für solche erhebliche Ergebnissen, die Hoffnung für ein vereinheitlichtes Europäisches Vertragsrecht gewährleisten können.



[1] Kötz: How to achieve…Universitätsverlag Freiburg, Schweiz, 1999, S. 9

[2] Lando, RabelsZ 56 (1992), 261, 265

[3] Lando, RabelsZ 56 (1992), S. 261, 266

[4] Lando: Optional or Mandatory Europeanization of Contract Law ERPL S. 59-60

[5] Martiny – Auf dem Weg zu einem Europäischen Zivilgesetzbuch 1999 S. 7-9

[6] Für diese Richtung mehr Rittner: Das Projekt eines Europäischen Privatrechtsgesetzbuches und die wirtschaftliche Praxis, DB, 1996, S. 25

[7] Kötz: Europäisches Vertragsrecht I, S. VI-VII

[8] “...Deshalb ist dieses Buch in erster Linie für Studenten geschrieben. Es soll überall dort in Europa als Lehrmaterial benutzt werden, wo es darum geht, das Vertragsrecht vor dem Hintergrund der juristischen Prinzipien und Institutionen zu präsentieren, die den europäischen Rechtsordnungen gemeinsam sind.“ Kötz: Europäisches Vertragsrecht I. 1997 S. VII

[9] Lando: Optional or Mandatory Europenisation of Contract Law – . 59-60

[10] Martiny – Auf dem Weg zu einem Europäischen Zivilgesetzbuch S. 8

[11] Diese Benennung, obwohl populär ist, gar nicht offiziell. Trotzdem nennen fast alle die Kommission so, nach ihrem Vorsitzenden, dem Professor der Copenhagen Business School. Der offizielle Name der Kommission lautet: Commission on European Contract Law(CECL) für weitere Informationen siehe die Internetseite der Lando-Kommission: http://www.ufsia.ac.be/~estorme/CECL.html

[12] Zimmermann ZeuP, 3/2000, S. 391

[13] Lando: Principles of European Contract Law –261, 266

[14] Beale: Beale: The Development of European Contract Law: Towards a European Civil Code - Conference on Hungarian Civil Law in the Mainstream of the Development of European Law, University of Miskolc Conference presentation S. 3

[15] Beale: Conference presentation S. 3

[16] Beale: Conference presentation S. 4

[17] Eine umfassende Erörterung und ein ausführlicher Fundstellennachweis des Zivilrechtes in Europa findet sich in: Hartkamp, Hesselink, Hondius, Joustra, Perron (Hrsg.) Towards a European Civil Code, 1998

[18] Mehr über diese Forschung auf der Internetseite des Max-Planck Institutes: http://www.mpipriv-hh-mpg.de

[19] Es ist zu erwarten, dass in kurzer Zeit auch andere Gruppen mit der Arbeit beginnen werden, einschließlich einer Gruppe mit dem Sitz in Edinburgh, Schottland, die sich mit dem Treuhandrecht beschäftigen wird. Das hängt jedoch von der Erwerbung der Unterstützungsquellen ab.

[20] Dazu Lando: Principles of European Contract Law: (AmJCompL) 1992, S. 574

[21] The effects of illegality, immorality, compound interest, conditions, extinctive prescription of claims, assignment of claims, assumption of debts, plurality of debtors and creditors, and set off.

Danny Busch und Ewoud Hondius In: Ein neues Vertragsrecht für Europa., ZeuP 9. Jahrgang, 2/2001, S. 224

[22] Busch/Hondius: Ein neues Vertragsrecht für Europa. ZeuP 2/2001, S. 225

2002/3. szám tartalomjegyzéke