Helmut
Klaere
Die
Abschaffung der echten Schwurgerichte in der Weimarer Republik
Die Revolution von 1918 hatte die Justiz, obwohl
sie sich vornehmlich aus konservativen Kräften der vorrepublikanischen Zeit
zusammensetzte, im wesentlichen unangetastet gelassen. Jedoch nahm die Kritik
an der Rechtspflege, die zum Teil schon vor dem Ersten Weltkrieg lautgeworden
war, ständig zu. Die Vorwürfe konzentrierten sich in den Schlagworten:
Weltfremdheit, Formalismus, Klassenjustiz, Republikfeindlichkeit. In diesen
Anfeindungen spiegelte sich die sog. Vertrauenskrise der Justiz während der
Weimarer Republik wieder.[1]
Der seit dem Umsturz von 1918 - ähnlich wie in
den Jahren um 1848 - entbrannte Kampf um die Strafrechtspflege brachte es mit
sich, daß auch das Schwurgericht erneut in den Blickpunkt sowohl seiner
Anhänger als auch seiner Gegner geriet. Die zur Herrschaft gelangten
Sozialdemokraten waren der Ansicht, daß das Schwurgericht beibehalten und der
Einfluß der Geschworenen verstärkt werden müsse, um die schlimmsten Auswüchse
der "Klassenjustiz" zu verhindern.
I. Reformversuche zwischen 1919 und 1923
Die positive Haltung der neuen Regierung
gegenüber dem Schwurgericht zeigte sich vor allem in den Gesetzentwürfen
"zur Änderung des GVG" und "über den Rechtsgang in
Strafsachen", die Reichsjustizminister Eugen Schiffer im Jahre 1919 dem
Reichsrat vorlegte.[2]
Die beiden Entwürfe waren von dem Berliner Prozeßrechtslehrer James Goldschmidt
ausgearbeitet worden.
In der Begründung zu den Entwürfen wurde
ausgeführt[3],
daß die Neugestaltung der staatlichen Verhältnisse das Interesse an der
Strafprozeßreform neu belebt habe. Es sei heute dringender denn je geboten,
Volk und Recht in enge Fühlung zu bringen und deshalb dem Volke in weitestem
Umfang Anteil an der Rechtsprechung zu gewähren. In der Begründung hieß es in
diesem Zusammenhang wörtlich[4]:
"Je mehr das Volk an der Rechtsprechung teilnimmt, je freier und gerechter
es das Strafverfahren geordnet sieht, desto eher werden das Verständnis für die
Notwendigkeit der Strafrechtspflege und für die Heiligkeit der Gesetze
wiedererwachen und die Urteile der Strafgerichte im Volke das hohe Ansehen
genießen, dessen sie zu ihrer vollen Wirkung bedürfen." Das Ansehen der
Schwurgerichte sei im Volke unerschüttert, und es sei weniger denn je
angebracht, an dieser Einrichtung zu rütteln.[5]
Kern[6] setzt
die Entwürfe in Beziehung zur damaligen politischen Situation; er kommentiert
sie wie folgt: "Die Entwürfe waren von dem ausgesprochenen Bestreben
geleitet, das liberale Eisen zu schmieden, solange es heiß war, also jetzt
angesichts der für liberale Reformen günstigen Zusammensetzung der Weimarer
Nationalversammlung die liberalen Forderungen durchzusetzen, die sich in den
siebziger Jahren wegen des konservativen Gegengewichts des Bundesrates nicht
hatten durchsetzen lassen."
Die Goldschmidt-Schifferschen Gesetzentwürfe
verfolgten vor allem das Ziel, verschiedene Mängel des Schwurgerichts zu
beseitigen, welche von den Gegnern dieser Gerichtsform seit Jahren
"angeprangert" worden waren. Auf diese Weise sollte die Institution
des Schwurgerichts gesichert werden. Im einzelnen hatten die Reformvorschläge
hinsichtlich des Schwurgerichts folgenden Inhalt: Auswahl der Geschworenen
nicht mehr wie bisher durch Mitglieder des Landgerichts, sondern durch
Wahlgremien der Gemeindevertretungen; Bildung einer festen Geschworenenbank für
die ganze Dauer der Schwurgerichtstagung und nicht mehr für jede einzelne
Strafsache; Wahl des Obmanns der Geschworenen zu Beginn der Tagung für ihre
ganze Dauer; Beseitigung des peremptorischen Ablehnungsrechts; stärkere
Beteiligung der Geschworenen an der Beweisaufnahme; schriftliche Niederlegung
der Rechtsbelehrung und damit Eröffnung der Möglichkeit, sie mit der Revision
anzufechten.
Ferner war in den Entwürfen die Bestimmung, daß
Dienstboten nicht zu Laienrichtern berufen werden sollten, als nicht mehr
zeitgemäß gestrichen. Auch wurde das Verbot der Berufung von Volksschullehrern
fallengelassen, da sich ihre Mitwirkung an der Rechtspflege mit dem
Schulinteresse ohne weiteres vereinbaren lasse.
Die Entwürfe riefen ein lebhaftes Echo hervor.
Kritik erfuhr insbesondere die vorgeschlagene Art der Auswahl der Laienrichter
durch politische Wahlgremien. Man befürchtete, daß diese Art der
Laienrichterwahl zu einer Politisierung der Strafgerichte führen würde.[7]
Der Entwurf selbst hatte versucht, dieser Gefahr
zu begegnen; er schrieb den Wahlausschüssen vor, daß für die Auswahl einer
Person zum Amte eines Schöffen oder Geschworenen nur maßgebend sein dürfe, ob
von ihr eine gewissenhafte und unparteiische Ausübung des Richteramts zu
erwarten sei, und daß wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsarten und
Bevölkerungskreisen kein Unterschied gemacht werden dürfe.[8] Die
Goldschmidt-Schifferschen Entwürfe sollten dem ersten Reichstag der Weimarer
Republik vorgelegt werden. Sie scheiterten jedoch schon bei ihrer Beratung im
Reichsrat.[9]
Im Jahre 1922 legte der sozialdemokratische
Reichsjustizminister Gustav Radbruch den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung
der Strafgerichte vor.[10]
Dieser Gesetzentwurf lehnte sich inhaltlich an den von James Goldschmidt
ausgearbeiteten Entwurf an. Radbruchs Reformvorschläge betrafen u. a'. wiederum
die Zusammensetzung der Ausschüsse für die Wahl der Schöffen und Geschworenen.
Sie zielten darauf ab, daß die Laienrichter ebenso wie Parlamentsabgeordnete
vom Volk gewählt werden sollten. Wieder erhoben sich wegen der befürchteten
Politisierung der Gerichte Stimmen, die scharf Kritik übten.[11]
Auch über den Entwurf Radbruch konnten sich
Regierung und Reichsrat nicht einigen, so daß er nicht an den Reichstag
gelangte. Lediglich in einem Punkt hatte Einigkeit erzielt werden können:
Entsprechend dem Programmsatz des Art. 109 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung,
nach dem Männer und Frauen grundsätzlich die gleichen Rechte haben sollten,
wurden durch Gesetz vom 25. April 1922[12] auch
Frauen zum Schöffen- und Geschworenenamt zugelassen.
Auch der Nachfolger Radbruchs im Amte des
Reichsjustizministers, Rudolf Heinze, der der Deutschen Volkspartei angehörte,
ließ einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Strafgerichte ausarbeiten. Über
diesen Entwurf konnten Regierung und Reichsrat Einigung erzielen, so daß er im
Mai 1923 dem Reichstag vorgelegt wurde .[13]
Der Entwurf von Heinze sah im Gegensatz zu den
Entwürfen Goldschmidts und Radbruchs erstmalig vor, daß das Schwurgericht
abgeschafft werden sollte. Es war beabsichtigt, das echte Schwurgericht durch
ein großes Schöffengericht zu ersetzen, für das die Bezeichnung
"Schwurgericht" allerdings beibehalten werden sollte.
Die Gesetzesvorlage wurde von den im Reichstag
vertretenen Parteien sehr unterschiedlich aufgenommen.[14]
Es versteht sich von selbst, daß Radbruch als erklärter Anhänger des
Schwurgerichts, bei der Beratung der Vorlage im Reichstag sich scharf gegen sie
aussprach. Radbruch räumte zwar ein, daß die Schwurgerichte vor allem in
letzter Zeit in politischen Prozessen empfindlich versagt hätten. Zugunsten des
Schwurgerichts spreche jedoch, daß bei diesem wie bei keinem anderen Gericht
die Garantie für eine erschöpfend gründliche Hauptverhandlung gegeben sei, und
daß auch bei keinem anderen Gericht die unbeeinflußbare Selbständigkeit des
Urteils für die Laienrichter in gleichem Maße garantiert sei.[15]
Die Vorlage wurde dem Rechtsausschuß des
Reichstages zur weiteren Beratung überwiesen. Von dort kam sie infolge der sich
überstürzenden Entwicklung auf dem Gebiet der Gesetzgebung, die im einzelnen
noch zu behandeln sein wird, nicht mehr an den Reichstag zurück.
Der Gesetzentwurf von Heinze hatte in der
Öffentlichkeit und auch in der Fachpresse kaum Beachtung gefunden. Das mag
überraschen. Vergegenwärtigt man sich aber die damalige politische und vor
allem wirtschaftliche Notlage in Deutschland (Abbruch des passiven Widerstandes
gegen die französische Besetzung des Ruhrgebiets, Umstellung der Währung), dann
wird die fehlende Resonanz in der Öffentlichkeit verständlich.
Entsprechend der Tendenz, die zuletzt in dem
Gesetzentwurf Heinze zutage getreten war, wurde in Deutschland das echte
Schwurgericht im Jahre 1924 durch die sog. Emminger-Verordnung[16]
abgeschafft. Trotz aller Kritik, die das Schwurgericht vornehmlich in
Juristenkreisen bis zu diesem Zeitpunkt erfahren hatte, und trotz der schon
früher auf seine Abschaffung gerichteten Gesetzentwürfe, kam diese Maßnahme
sowohl für die Fachwelt als auch für die Öffentlichkeit zu diesem Zeitpunkt
überraschend.[17]
Im Rahmen der Diskussion über die Reformversuche
wurde vorwiegend von Gegnern des Schwurgerichts nachdrücklich auch auf
folgenden Gesichtspunkt hingewiesen: die Geschworenen seien nicht in der Lage,
bei der Entscheidung eines Falles von ihrer persönlichen politischen
Einstellung abzusehen; es bestehe daher die Gefahr einer Politisierung der
Geschworenen, die der Rechtsfindung abträglich sei.
In der Tat hatte sich in Deutschland,
insbesondere in den ersten Jahren der Weimarer Republik, eine derartige
Entwicklung angebahnt. Die Justizkritik jener Jahre richtete sich demzufolge
nicht nur gegen die Berufsjuristen, sondern ebenso gegen die Laienrichter.
Geschworene wurden für zahlreiche aus politischen Motiven gefällte Fehlurteile
verantwortlich gemacht.[18] Der
bekannte Berliner Strafverteidiger Ernst Emil Schweitzer nahm diese Tatsache
zum Anlaß, in seinem 1924 veröffentlichten Kommentar zu einer Denkschrift des
Reichsjustizministers[19]
folgendes auszuführen:
"Zugegeben, daß die Urteile der gelehrten
Richter in Strafsachen schlecht sind - aber die Schwurgerichte urteilen noch
schlechter. Geschworene waren es, die im Harden-Prozeß die deutsche
Rechtsprechung vor der Welt bloßstellten, Geschworene waren es, die in Berlin
einen Kommunisten aus politischer Leidenschaft zu Unrecht zum Tode
verurteilten; die drei gelehrten Richter waren es, die von ihrem Recht Gebrauch
machten und durch einstimmigen Beschluß das Geschworenenurteil als ein
zuungunsten des Angeklagten ergangenes Fehlurteil aufhoben. Geschworene waren
es, die rechtsrevolutionäre Mörder der Kapp-Tage freisprachen".[20]
Eindeutig politisch motiviert ist auch jene
Entscheidung gewesen, die im Jahre 1921 eine Berliner Jury fällte[21],
und der folgender Sachverhalt zugrunde lag:
Ein Vizewachtmeister namens Markus vom Freikorps
Lützow hatte am 12. März 1919 Befehl, die Lange-Straße in Berlin abzusperren.
Mit 25 Mann schritt er die Straße ab unter dem wiederholten Ruf: "Straße
frei! Fenster zu!" Dies rief er auch der aus einem Fenster im dritten
Stock des Hauses Nr. 13 herausschauenden zwölfjährigen Schülerin Helene Slovek
zu. Sie schloß sofort das Fenster. Trotzdem schoß Markus und tötete das Mädchen
durch Kopfschuß. Den auf der entgegengesetzten Straßenseite gehenden 72jährigen
Fliesenleger Becker tötete er durch Brustschuß. Dieselbe Kugel traf als
Querschläger eine in der Eingangstür eines Ladens im Hause Nr.12 stehende Frau.
Daß Markus auf die Frau gezielt oder sie auch nur gesehen hat, bzw. daß er
hätte voraussehen müssen, er werde sie treffen, ist für nicht erwiesen erachtet
worden. In den Fällen Slovek und Becker ist gegen ihn Anklage wegen Totschlags
erhoben worden. Die Geschworenen haben jedoch in beiden Fällen die Schuldfrage
verneint.
Es kann wohl nicht geleugnet werden, daß hier
politisch extrem "rechts"gerichtete Geschworene zu der Ansicht
gelangt sind, daß die Durchsetzung "nationaler" Belange in gleichsam
militärischer Weise rechtmäßig sei.
Ein erhebliches Maß an Republikfeindlichkeit, d.
h. wiederum eine politische Motivation, hat zweifellos auch zu dem Urteil
geführt, das ein Münchner Schwurgericht in einem der damals nicht selten
vorkommenden Fälle der Beschimpfung der Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold gefällt
hat[22].
Der Redakteur des "Miesbacher Anzeigers" hatte die Reichsfarben als
" schwarz-rot-hennadreckat" bezeichnet. Der Angeklagte verteidigte
sich bei den Geschworenen offenbar mit Erfolg - durch den Hinweis, daß er nur
die Farben der "Novemberlinge" gemeint habe. Die Auskünfte zweier
Sachverständiger konnten die Geschworenen in ihrer Einstellung nur bestärken:
Der eine führte aus, daß in Bayern schon seit dem Mittelalter die Abneigung
gegen die Farbe gelb sehr groß gewesen sei. Der zweite Sachverständige sagte,
in der Miesbacher Gegend sei der Ausdruck "hennadreckat„ keine
Beschimpfung, sondern nur eine drastische Bezeichnung. Die Geschworenen haben
den Angeklagten freigesprochen.
Mag auch die historische Entwicklung sowie
insbesondere die politische und wirtschaftliche Lage während der ersten Jahre
der Weimarer Republik überwiegend eine politische
"Rechts"-gerichtetheit der meisten Geschworenen in Deutschland mit
sich gebracht haben, keinesfalls ist jedoch eine autoritärkonservative
Einstellung als einzige Art der Politisierung von Geschworenen aufgetreten.[23]
Vielmehr kam es auch vor, daß Laienrichter politisch einseitig nach
"links" ausgerichtet waren.
Die übertrieben national-konservative
Einstellung vieler oder sogar der meisten damaligen Geschworenen in Deutschland
findet ihre Erklärung nicht zuletzt in der Zusammensetzung der
Geschworenenlisten. In diesen waren fast ausnahmslos Vertreter jener "oberen„
Volksschichten zu finden, die einer staatsautoritären, konservativen Gesinnung
anhingen. Als Beispiel sei die Geschworenenliste des Schwurgerichts in
Bartenstein (Ostpreußen) für das Jahr 1921 genannt. Sie enthielt insgesamt[24]:
zehn Rittergutsbesitzer, einen Rittergutspächter, vier Gutsbesitzer, einen
Mühlenbesitzer, einen Fabrikbesitzer, einen Administrator, einen
Majoratsbesitzer, einen Stadtgutbesitzer, einen Oberinspektor, fünf
Grundbesitzer, zwei Kaufleute, einen Stellmachermeister. Diese Zusammensetzung
war kein Ausnahmefall. Die Liste für die vorangegangene Schwurgerichtsperiode
desselben Bezirks wies 30 Geschworene auf, von denen 20 Ritterguts- und
Gutsbesitzer (bzw. Pächter) waren, während sich unter den restlichen zehn neben
Direktoren und Administratoren lediglich ein Arbeiter befand.
Ganz ähnliche Zusammensetzungen wiesen
Geschworenen- und Schöffenlisten in Berlin und in den Provinzstädten auf. Dort
fand man naturgemäß weniger Gutsbesitzer, dafür aber Fabrikanten, Kaufleute,
Offiziere a. D., Studienräte, Handwerksmeister und andere Berufe des gehobenen
Bürgertums; unter 110 Laienrichtern fand sich in einem Falle nur ein einziger
Arbeiter[25].
Auch in besonders industriereichen Gegenden Deutschlands zeigte sich kein
anderes Bild. So tagte in Halle im Jahre 1921 ein Schwurgericht, dessen
Geschworenenliste unter 30 Personen ebenfalls nur einen Arbeiter aufwies.[26]
Die Tatsache politisch einseitig besetzter
Schwurgerichte war vor allem darauf zurückzuführen, daß die Jahreslisten der
Haupt- und Hilfsgeschworenen von einem Gremium aufgestellt wurden, das sich
ausschließlich aus Berufsjuristen, und zwar aus Mitgliedern der Landgerichte
zusammensetzte.[27]
Bekanntlich war zu jener Zeit der Richterstand überwiegend konservativ
eingestellt.[28]
Aus diesem Grunde hatten die Gesetzentwürfe der Sozialdemokraten vorgesehen,
daß die Auswahl der Geschworenen, ähnlich wie bei Parlamentswahlen, durch das
Volk vorgenommen werden sollte.
Die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Änderung
des Auswahlverfahrens scheint auch Radbruch vor Augen gestanden zu haben, als
er im Jahre 1920 im Reichstag äußerte[29]:
"Man entpolitisiert die Justiz nicht
dadurch, daß man über die einmal gegebenen Parteiunterschiede hinwegsieht und
so tut, als wenn sie nicht da wären, sondern dadurch, daß man sie beachtet und
für eine gleichmäßige Vertretung aller Parteistellungen und
Weltanschauungsrichtungen in den öffentlichen Organen Sorge trägt."
Die ganz überwiegend bürgerlich-konservative
Zusammensetzung der Geschworenenlisten fand ihren Grund allerdings nicht
ausschließlich in der einseitig-konservativen Einstellung der Gremien, die für
die Zusammenstellung der Listen zuständig waren; sie beruhte vielmehr auch
darauf, daß diese Gremien auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der
"unteren Volksschichten" Rücksicht nahmen. Angesichts der geringen
Entschädigung für Laienrichter opferten Arbeiter mit niedrigem Verdienst
verständlicherweise höchst ungern ihre Arbeitszeit, um als ehrenamtliche
Richter tätig zu werden.[30]
Die oben aufgeführten Beispiele der
Zusammensetzung von Geschworenenlisten machen deutlich, daß das Problem der
Politisierung von Geschworenen aufs engste mit der Gestaltung des
Auswahlverfahrens zusammenhängt. Um politisch einseitig besetzte Schwurgerichte
zu vermeiden, wäre demnach lediglich eine Änderung des Auswahlverfahrens, nicht
aber die gänzliche Abschaffung des Schwurgerichts - wie sie der Gesetzentwurf
von Heinze vorsah - erforderlich gewesen.[31] Zu
einer Änderung des Auswahlverfahrens für Geschworene ist es jedoch nicht mehr
gekommen.
2. Das
Ermächtigungsgesetz des Jahres 1923
Das Verschwinden des Schwurgerichts aus dem
deutschen Rechtsleben muß in engem Zusammenhang mit der innenpolitischen und
wirtschaftlichen Lage in Deutschland während der ersten Jahre der Weimarer Republik
gesehen werden.
Am 23. November 1923 trat an die Stelle des
zweiten Kabinetts Stresemann, das von den Sozialdemokraten gestürzt worden war,
ein Minderheitskabinett, welches sich auf das Zentrum, die Deutsche
Demokratische Partei und die Deutsche Volkspartei stützte. Kanzler war ein
Zentrumsabgeordneter, Wilhelm Marx. Das Amt des Justizministers in diesem
Kabinett hatte der Augsburger Staatsanwalt Emminger übernommen, welcher der
Bayerischen Volkspartei, der Schwesterpartei des Zentrums, angehörte.[32]
Die Sozialdemokraten, die bekanntlich mit
besonderem Nachdruck für den Fortbestand des Schwurgerichts eintraten, wie u.
a. der von dem früheren sozialdemokratischen Justizminister Radbruch stammende
Entwurf eines Gerichtsverfassungsgesetzes aus dem Jahre 1922 gezeigt hatte,
waren in der Regierung nicht vertreten. Hingegen hatte - wie erwähnt - ein
Mitglied der die Regierung stützenden Deutschen Volkspartei, der ehemalige
Reichsjustizminister Heinze, während seiner Amtszeit einen Gesetzentwurf
eingebracht, der die Abschaffung des Schwurgerichts vorsah.
Das parteipolitische Kräftespiel bedeutete also
bei dem anhaltenden Reformwillen der Regierung u. a. auf dem Gebiet des
Gerichtsverfassungsrechts eine Gefahr für den Fortbestand des Schwurgerichts.
Allerdings war die Abschaffung des Schwurgerichts auf gesetzgeberischem Wege
infolge des Widerstands der Reichstagsmehrheit offenbar nicht möglich. Das
hatte bereits das Scheitern der vom ehemaligen Justizminister Heinze
eingeleiteten Reform gezeigt.
Ausgelöst durch die zu jener Zeit in Deutschland
herrschende katastrophale wirtschaftliche Lage, trat nunmehr jedoch ein Umstand
hinzu, der eine Umgehung der parlamentarischen Hindernisse möglich machte. Wenn
auch die Inflation durch die Währungsreform vom 15. November 1923 beendet
worden war, so zwang doch die schwere wirtschaftliche Not auf allen Gebieten
der staatlichen Tätigkeit zu durchgreifenden Sparmaßnahmen. Um ihre
Durchführung zu ermöglichen, nahm der Reichstag am 8. Dezember 1923 ein
Ermächtigungsgesetz[33] an, welches
der Reichsregierung die Befugnis gab, diejenigen Maßnahmen zu treffen, die sie
"im Hinblick auf die Not von Volk und Reich" für erforderlich und
dringlich hielt. Dieses Ermächtigungsgesetz bildete die Grundlage, auf der dem
Schwurgericht ein legales Ende bereitet wurde.
3. Die Vorlage der
Emminger-Verordnung
Vor Erlaß einer auf das Ermächtigungsgesetz vom
8. Dezember 1923 gestützten sog. Notverordnung waren besondere Ausschüsse des
Reichsrates und des Reichstages zu hören.[34] So
geschah es auch vor Erlaß der Emminger-Verordnung: Die Regierung legte zunächst
dem Ausschuß des Reichsrates und sodann dem Ausschuß des Reichstages einen
Entwurf der geplanten Verordnung vor. In diesem war - was das Schwurgericht
betraf – lediglich eine Herabsetzung der Zahl der Geschworenen von zwölf auf
sieben vorgesehen. Die dem Schwurgericht eigentümliche Trennung von Richter-
und Geschworenenbank sollte beibehalten, das eigentliche Prinzip des
Schwurgerichts durch den Entwurf also nicht angetastet werden.[35]
a) Die Haltung des
Reichsrats
Der zunächst mit der Vorlage befaßte
Ermächtigungsausschuß des Reichsrates sprach sich gegen diesen Entwurf aus und
forderte von der Regierung die Abschaffung des Schwurgerichts sowie die
Einführung des großen Schöffengerichts anstelle des Schwurgerichts.[36]
Hier wirkte dieselbe Institution gegen das
Schwurgericht, die sich in Gestalt des Bundesrates schon gegen seine Einführung
im Jahre 1877 gestemmt hatte. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß der auch
von der Regierung in den Vordergrund gestellte Anlaß für die Abschaffung des
Schwurgerichts die Finanznot der Länder war.
Ein anschauliches Bild von den in der Tat ganz
erheblichen finanziellen Belastungen, die durch die Tätigkeit der
Schwurgerichte den Ländern entstanden, gibt Rittweger[37]:
"Für das verarmte Deutschland wäre die für
das schwurgerichtliche Verfahren jeweils erforderliche Bildung einer
Geschworenenbank durch Auswahl der zu dem Richterspruch berufenen zwölf
Personen aus mindestens der doppelten Anzahl von Personen eine Belastung
geworden, die keine Landesjustizverwaltung länger verantworten konnte, wollte
sie nicht den Zusammenbruch der Rechtspflege infolge des Mangels an verfügbaren
Geldmitteln herbeiführen.„[38] Die
letzte, etwa vierzehntägige Schwurgerichtsperiode beim Landgericht in Weimar
(Thüringen) hat rund 4250 Goldmark gekostet, wovon auf die Entschädigung der
Geschworenen mehr als 2700 Goldmark entfielen. Dabei ist zu berücksichtigen,
daß die Höhe der Entschädigungen für die Geschworenen auch nicht annähernd mit
der Geldentwertung Schritt gehalten hatte und im weiteren Verlauf der Festigung
des Kurses der Mark die für die Entschädigungen auszuwerfenden Summen erheblich
gestiegen wären.
Die ablehnende Haltung des Reichsrates gegenüber
dem Schwurgericht mag also zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich in erster Linie
auf der Finanznot der Länder beruht haben; letztlich muß sie aber doch wohl auf
die konservative Grundeinstellung der Ländervertretung zurückgeführt werden.
Die dem Schwurgericht gegenüber ablehnende Haltung des Reichsrates wird im
übrigen durch weitere Ausführungen Hartungs bestätigt und näher erläutert: Nach
dem Ausscheiden Radbruchs als Justizminister sei man sich sowohl im
Reichsjustizministerium als auch im Reichsrat in der Ablehnung des
Schwurgerichts einig gewesen. In beiden Gremien sei man zwar nicht gegen eine
Laienbeteiligung an der Strafrechtspflege als solche eingestellt gewesen. Es
habe dort in keiner Weise etwa eine Voreingenommenheit gegen die Mitwirkung des
Volkes bei der Ausübung der Staatsgewalt geherrscht. Vielmehr seien es die rein
sachlichen, "justiz-technischen" Gründe gewesen, die sich aufgrund
der tatsächlichen Erfahrungen und in der wissenschaftlichen Diskussion
herausgestellt hätten, welche im 'Reichsrat und in der Reichsregierung die
ablehnende Haltung gegenüber dem Schwurgericht bewirkt hätten.
Die von Hartung wiedergegebene Auffassung, daß
allein Sachgesichtspunkte den Reichsrat geleitet hätten, entspricht zwar nicht
der Ansicht, daß vermutlich die konservative Grundeinstellung des Reichsrates
den Ausschlag gegeben hat. Diese Widersprüchlichkeit spiegelt jedoch vielleicht
die damals tatsächlich vorhandene "mehrschichtige" Auffassung des
Reichsrates am ehesten wieder: Bei allem Wohlwollen gegenüber der
Laienbeteiligung an der Strafgerichtsbarkeit überwog letzten Endes doch die
staatsbezogene Einstellung und - zu diesem Zeitpunkt - das Interesse an einer
möglichst billig arbeitenden Rechtspflege.
Bedenkt man noch, wie sich die justizpolitische
Einstellung Preußens zum Schwurgericht historisch entwickelt hat und
berücksichtigt man, daß Preußen im Reichsrat mit 26 Stimmen gegenüber 37
Stimmen aller übrigen 15 Länder vertreten' war, dann wird auch von daher
erklärlich, daß die Einstellung des Reichsrates zum Schwurgerichtsgedanken
ablehnend war.
Zusammenfassend läßt sich an dieser Stelle
sagen, daß zum Ende der echten Schwurgerichtsbarkeit die politische und
wirtschaftliche Lage in Deutschland Ausgang des Jahres 1923 sowie vor allem das
parteipolitische Kräftespiel innerhalb des Reichstages, des Reichsrates und der
Reichsregierung zur Abschaffung des Schwurgerichts geführt haben.
Daß die Schwurgerichtsbarkeit gerade zu diesem
Zeitpunkt und unter Ausnutzung des Ermächtigungsgesetzes ihr Ende fand, ist
freilich in der Tat dem persönlichen Vorgehen Emmingers zuzuschreiben.
Die wirtschaftliche Not von Volk und Reich war
gewiß der Grund für die meisten der mit der Emminger-Verordnung vorgenommenen
Sparmaßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung. Für die Abschaffung des
Schwurgerichts ist sie wohl eher ein Vorwand gewesen. Im Einklang mit dieser
Auffassung formulieren Löwe-Rosenberg[39], daß
die Reichsregierung von der ihr durch das Ermächtigungsgesetz eingeräumten
Befugnis, durch Verordnungen Recht zu setzen, Gebrauch machte, "um
wesentliche Gedanken der steckengebliebenen Reform im Verordnungswege zu
verwirklichen".
Wenn auch das Ende der Schwurgerichtsbarkeit im
Zuge der Entwicklung gelegen haben mag, so besteht doch kein Zweifel, daß es
demokratischen Grundsätzen besser entsprochen hätte und dem ehrwürdigen
Institut des Schwurgerichts eher angemessen gewesen wäre, die weitere
Entwicklung auf dem Gebiete des Gerichtsverfassungsrechts abzuwarten und –
nötigenfalls - eine entsprechende Gesetzesänderung auf dem Wege der
ordentlichen Gesetzgebung durch das Parlament zu einem Zeitpunkt
herbeizuführen, in dem sich die Überzeugung der Mehrheit des Volkes und damit
der politischen Parteien eindeutig gegen das Schwurgericht gestellt hätte.
b) Die Anträge von
Radbruch und Rosenfeld im Reichstag
Der Ermächtigungsausschuß des Reichstages nahm
den - die Banktrennung beibehaltenden - Entwurf der Verordnung an, erklärte
sich also zunächst lediglich mit einer Herabsetzung der Geschworenenzahl von
zwölf auf sieben einverstanden.[40] Im
weiteren Verlauf der Sitzung des Reichstagsausschusses stellten Radbruch und
Rosenfeld als Mitglieder der Sozialdemokratischen Fraktion den Antrag, die
Reichsregierung zu ersuchen, über die Vorlage hinaus – Herabsetzung der
Geschworenenzahl - am Schwurgericht nichts zu ändern. Dieser Antrag wurde von
einer knappen Mehrheit der Ausschußmitglieder abgelehnt[41],
und das bedeutete in der Folge das Ende des echten Schwurgerichts.
Beim 35. Deutschen Juristentag im Jahre 1928
berichtete der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Dr. Kurt Rosenfeld
über die Sitzung des Reichstagsausschusses, auf der gleichsam über das
Schicksal des deutschen Schwurgerichts abgestimmt wurde, folgendes[42]:
"Das war im Winter 1923/24 in einer äußerst
schweren, wirtschaftlich und politisch sehr bewegten Zeit, in der die
Arbeiterschaft infolge der Schnelligkeit, mit der sich die Ereignisse
überstürzten, keine Zeit fand, sich gegen die Beseitigung der Schwurgerichte
aufzulehnen. Dazu kam ein bedauerlicher Irrtum im Ausschuß des Reichstages bei
der Abstimmung über die Schwurgerichte. Damals beschäftigte sich der
Ermächtigungsausschuß mit den Verordnungen Emmingers, und es wurde von meinem
Freunde Radbruch und mir der Antrag eingebracht, von der Beseitigung der
Schwurgerichte im Wege der Notverordnung abzusehen. Der Antrag hatte eine feste
Mehrheit von Sozialdemokraten, Demokraten, Zentrum und Kommunisten. Da
passierte das Unglück, daß im Augenblick der Abstimmung Herr Spahn, der Führer
des Zentrums, abgelenkt wurde und die Vertreter des Zentrums bei der Abstimmung
nicht mitstimmten. So sehr ich die großen Verdienste des Herrn Spahn zu
schätzen weiß, bisweilen schlief auch Vater Spahn. Er ist sofort zum
Justizminister gegangen und hat auf diesen Irrtum aufmerksam gemacht. Aber der
Beschluß war erfolgt und nicht mehr rückgängig zu machen." Angesichts
dieser Schilderung stellt sich die Frage, ob bei der Liquidierung des echten
Schwurgerichts, für das der Liberalismus ein Dreiviertel-Jahrhundert zuvor auf
die Barrikaden gegangen war, wirklich der Zufall seine Hand im Spiel gehabt hat
oder ob es nicht doch handfeste, nämlich parteipolitische Gründe gab, die zu
dem negativen Abstimmungsergebnis führten.
Reichsgerichtsrat i. R. Dr. Fritz Hartung, der
zu jener Zeit Referent im Preußischen Justizministerium war, hat aufgrund seiner
persönlichen Teilnahme an der fraglichen Sitzung des Reichstagsausschusses
Einzelheiten mitteilen können, die vielleicht etwas Licht in das Dunkel
bringen, das die besagte Abstimmung im Sonderausschuß des Reichstages umgibt.
Dr. Hartung hat folgendes berichtet[43]:
„Der Sonderausschuß des Reichstages, der sich mit der Emmingerschen
Notverordnung zu befassen hatte, tagte am 23. Dezember 1923. Die der SPD
angehörenden Mitglieder des Ausschusses unter Führung von Radbruch und
Rosenfeld waren gegen die Abschaffung der Schwurgerichte. Als es zur Abstimmung
über diesen Punkt kam, schien der Zentrumsführer Spahn zu schlafen. Daraufhin
rief Rosenfeld ihm zu: "Spahn! - Aufwachen! - Schwurgericht!" Spahn,
der sich nur schlafend stellte (!), regte sich jedoch nicht und beteiligte sich
nicht an der Abstimmung. Der Antrag der SPD, die Regierung möge ersucht werden, die Schwurgerichte
nicht grundsätzlich anzutasten, fiel, weil eine Stimme zu wenig für ihn
abgegeben worden war."
Wenn man von dieser Tatsachendarstellung - der
Zentrumsführer Spahn stellte sich schlafend - ausgeht und die unterschiedlichen
Einstellungen der politischen Parteien zum Schwurgericht berücksichtigt, dann
wird deutlich, daß das Ende des Schwurgerichts durchaus nicht durch einen
"grotesken Zufall" oder einen "bedauerlichen Irrtum"
herbeigeführt worden ist. Nach der weiteren Schilderung Hartungs[44]
war nämlich - entgegen der Ansicht Rosenfelds - das Zentrum durchaus für die
Abschaffung des Schwurgerichts. Das lag bei den damaligen politischen
Verhältnissen auch nahe; denn schließlich stützte das Zentrum die Regierung,
deren Justizminister vom Reichsrat gedrängt wurde, eine Notverordnung zu
erlassen, welche die Abschaffung des Schwurgerichts vorsah.
Die Einstellung der Zentrumspartei gegen das
Schwurgericht wird auch durch die Tatsache belegt, daß während einer Debatte im
Preußischen Landtag der Sprecher des Zentrums, der Abgeordnete Oppenhoff, sich
mit der Umwandlung des Schwurgerichts in ein großes Schöffengericht
einverstanden erklärte.[45]
Sollte es da verwundern, daß der Zentrumsführer im Reichstag, Spahn, bei der
Abstimmung über den Fortbestand des Schwurgerichts durch seine Stimmenthaltung
ein der Parteilinie entsprechendes, negatives Votum abgab? Es mag sein, daß
Spahn vor der Sitzung des Ermächtigungsausschusses sich gelegentlich einmal
gegen die Abschaffung des Schwurgerďchts ausgesprochen hat. Aus den Reihen
des Parlaments war ja stets in demokratisch-liberaler Tradition der Fortbestand
des Schwurgerichts überwiegend befürwortet worden. Es ist jedoch kaum
vorstellbar, daß der alterfahrene Parlamentarier Spahn nicht mit Justizminister
Emminger und Reichskanzler Marx in Verbindung gestanden hat und nicht "auf
die Parteilinie eingeschwenkt" sein sollte.[46] In
dieser Situation war es psychologisch durchaus verständlich, wenn Spahn sich
bei der Abstimmung - um sich nicht offen gegen das Schwurgericht aussprechen zu
müssen - schlafend stellte. So konnte er für die Abschaffung des Schwurgerichts
votieren, ohne sich sichtbar an der Abstimmung zu beteiligen.
4.
Der Erlaß der Emminger-Verordnung
Der Ermächtigungsausschuß des Reichstages hatte
sich also nicht bereitgefunden, ausdrücklich für die Beibehaltung der echten
Schwurgerichtsverfassung einzutreten. Dieser Umstand war offenbar für
Justizminister Emminger das Signal, nunmehr seinen Verordnungsentwurf, der zwar
die Geschworenenzahl herabsetzen, das Schwurgericht ansonsten aber in der
echten Form beibehalten wollte, fallenzulassen. Er konnte unter den gegebenen
Umständen in einem abgeänderten Entwurf - den Wünschen des Reichsrates
entsprechend - die Abschaffung des echten Schwurgerichts und die Einführung des
großen Schöffengerichts vorsehen, ohne mit ernstzunehmenden Protesten von
seiten des Reichstagsausschusses rechnen zu müssen.
Da die Ausschüsse lediglich "zu hören„[47]
waren, brauchte die Verordnung in ihrer abgeänderten Form, Ersetzung des
Schwurgerichts durch das große
Schöffengericht, den Ermächtigungsausschüssen kein zweites Mal
vorgelegt zu werden. Unter Berufung auf
das Ermächtigungsgesetz erließ sodann die Reichsregierung am 4. Januar 1924 die
Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege. § 43 der Verordnung
räumte dem Reichsjustizminister die Befugnis ein, das Gerichtsverfassungsgesetz
und die Strafprozeßordnung den bestehenden staatsrechtlichen Verhältnissen
anzupassen und ihren Text neu zu
fassen. Die neuen Gesetzestexte wurden am 22. März 1924 bekannt gemacht.[48]
Ihrem Inhalt nach bedeutete die
Emminger-Verordnung keineswegs eine neue gedankliche Leistung. Sie griff
vielmehr auf vorhergehende Reformvorschläge zurück. Hinsichtlich der
Schwurgerichtsbarkeit hatte die Verordnung den gleichen Inhalt wie der Entwurf
Heinze aus dem Jahre 1923.
An die
Stelle des Schwurgerichts trat ein großes Schöffengericht, das jedoch den Namen
"Schwurgericht" beibehielt. Es war mit drei Berufsrichtern und sechs "Geschworenen" besetzt. Die
Beibehaltung der Bezeichnung "Schwurgericht" wurde damit begründet,
daß sich die Bevölkerung an den Namen gewöhnt habe. "Der Entwurf ersetzt
die Schwurgerichte, ohne ihren Namen, an den sich die Bevölkerung gewöhnt hat,
zu ändern, durch große Schöffengerichte." Dieser Satz findet sich bereits
in der Begründung des Gesetzentwurfs von Heinze aus dem Jahre 1923.
Es liegt auf der Hand, daß die Abschaffung des
Schwurgerichts durch die Emminger-Verordnung ein vielfältiges Echo hervorrief.
Stellungnahmen kamen aus allen Lagern. Sie betrafen das Zustandekommen und den
Inhalt der "Sparverordnung", wie die Emminger-Verordnung zu jener
Zeit auch genannt wurde. Man zweifelte vor allem an, ob Ersparnisgründe einen
so tiefen Eingriff in die Gerichtsverfassung rechtfertigen könnten.[49]
Ferner wurde die Beibehaltung des Namens "Schwurgericht„ für das neu
eingeführte große Schöffengericht gerügt und als Betrug an der Bevölkerung
bezeichnet.[50]
Es wäre zu wenig anschaulich, wenn man die
Stellungnahmen als komprimierte Zusammenfassung darbieten wollte. Vielmehr
erscheint es sinnvoll, die unterschiedlichen Reaktionen der verschiedenen Gruppen
(politische Parteien, Presse, Juristen) jeweils gesondert wiederzugeben, zumal
es sich bei der Emminger-Verordnung um den entscheidenden Einschnitt in der
Geschichte des deutschen Schwurgerichts handelte.
1.
Die Reaktion der politischen Parteien
Sowohl bei der Einführung des Schwurgerichts in
den Staaten des Deutschen Bundes um die Mitte des 19. Jahrhunderts als auch bei
seiner Abschaffung durch die Emminger-Verordnung im Jahre 1924 waren es jeweils
bestimmte politische Parteien, die im Kampf um das Schwurgericht den Ausschlag
gaben. Diese Tatsache gibt Veranlassung, noch einmal zusammenhängend nach der
jeweiligen Einstellung der politischen Parteien zum Schwurgerichtsgedanken zu
fragen.
Die Behandlung des Schwurgerichtsproblems unter
politischem Aspekt ist freilich in früherer Zeit für sehr fragwürdig gehalten
worden. Binding[51]
hat im Jahre 1876 die Ansicht vertreten, daß die Frage der Laienbeteiligung und
damit auch das Schwurgerichtsproblem allein unter rechtlichen und nicht etwa
politischen Gesichtspunkten betrachtet werden dürfe. Kirsch[52]
hat 1908 in derselben Richtung ausgeführt: "Entweder widerspricht eine
bestimmte Einrichtung den Interessen der Rechtspflege - dann kann sie auch
nicht politisch am Platze sein, oder aber sie erscheint aus dem Gesichtspunkt
der Rechtspflege sachlich begründet - dann ist sie auch politisch
gerechtfertigt." Mit dieser Äußerung übersieht Kisch allerdings, daß
"die Interessen der Rechtspflege" in der Regel durchaus von
politischen Kräften bestimmt werden.
Bei genauerer Betrachtung der geschichtlichen
Entwicklung ist auch nicht zu leugnen, daß das Schwurgericht zu bestimmten
Zeiten sehr wohl als ein Politikum angesehen wurde: Zu jener Zeit nämlich, als
es um die Erneuerung des Strafprozesses im Ganzen ging (Anfang des 19.
Jahrhunderts) und die Frage eines unabhängigen Laienrichtertums in Form des
Schwurgerichts zwischen autoritären Regierungen einerseits und liberal
eingestellten Parlamenten andererseits durchaus ein politischer Zankapfel war.
Schon in der "Vorgeschichte" des deutschen Schwurgerichts erwies sich
also die Dynamik politischer Formierungen - vornehmlich die des Liberalismus -
als ausschlaggebend für die Umgestaltung der Ziele und damit auch der
Einrichtungen der Strafrechtspflege.
Der vom Liberalismus im 19. Jahrhundert
erfolgreich geführte Kampf für das Schwurgericht wurde um die Jahrhundertwende
und in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg vor allem von den Sozialdemokraten
weitergeführt. Daß die Initiative im Bereich der Gestaltung des Strafverfahrens
vom Liberalismus auf die Sozialdemokratie übergegangen war, betont zutreffend
Maurer[53]:
Die Reformvorschläge des liberalen
Rechtszeitalters hätten sich im wesentlichen darin erschöpft, die im
Strafprozeß noch stehengebliebenen inquisitorischen Einrichtungen zugunsten
eines folgerichtig durchgeführten Parteiprozesses abzubauen. Demgegenüber habe
die Kritik der Sozialisten sich nicht so sehr gegen das System des
Prozeßverfahrens selbst, sondern in erster Linie gegen seine Handhabung
gerichtet. Ohne zuerst ein eigenes fertiges Reformprogramm auf dem Gebiet des
Strafprozeßrechts zu besitzen, hätten die Sozialisten zunächst aus zahllosen
einzelnen von ihnen als Auswirkung eines Klassenrechts und einer
ungleichmäßigen Rechtsanwendung (Klassenjustiz) gerügten Urteilen praktische
Lehren für Änderungs- und Besserungsmöglichkeiten der Strafgerichtsbarkeit
gezogen.
Dadurch seien sie nicht nur zu einer Kritik des
Verfahrens gelangt, sondern auch zu eingehenden Untersuchungen der dieses
Verfahren tragenden Organe, und zwar hinsichtlich ihrer Auswahl, Vorbildung und
Machtbefugnisse.
Die Kritik an der "Klassenjustiz" und
die Suche nach einer sie überwindenden Gerichtsform führte die Sozialisten zu
der Forderung nach dem "freien Volksgericht".[54]
Die Vorstellung eines "Volksgerichts" oder "Volksrichters"
ist der Ausgangspunkt der sozialistischen Auffassung von der
Strafgerichtsverfassung.[55]
Demgemäß lautete eine Resolution, die die Sozialistische Arbeiterpartei
Deutschlands im Jahre 1875 in Gotha faßte[56]:
"Der Kongreß nimmt zu der Frage, ob Schwurgericht, Schöffengericht oder
juristische Berufsrichter vorzuziehen seien, dem sozialdemokratischen Programm
gemäß Stellung, indem er erklärt, daß im Klassenstaate keine Form der
Gerichtsverfassung Recht und Gerechtigkeit verbürgen kann, und daß darum freie
Volksgerichte, auf Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts gebildet,
zu erstreben sind."
Was unter "Volksgericht" oder
"Volksrichter" zu verstehen war, bedurfte freilich der näheren
Erläuterung. Diese Erläuterung wurde in den späteren Parteiprogrammen der
Sozialdemokraten durch gewisse Umformulierungen gegeben. Abgeändert wurde die
Formulierung "freie Volksgerichte" zunächst durch das Programm der
SPD, das sie auf ihrem Parteitag in Halle im Jahre 1890 aufstellte. Man
gebrauchte nunmehr die Wendung "Rechtsprechung durch das Volk". Auch
diese Formulierung wurde revidiert und erhielt im Jahre 1891 auf dem Parteitag
in Erfurt die Fassung "Rechtsprechung durch vom Volk gewählte
Richter". Diese Fassung kehrte in allen späteren Programmen der SPD bis
zum Jahre 1921 wieder. Sie sollte einerseits zum Ausdruck bringen, daß die
Richter vom Volk gewählt und nicht mehr von der Regierung ernannt werden
sollten, daß sie andererseits zugleich aber auch "aus dem Volk"
gewählt werden sollten.[57]
Hiernach schien es zunächst so, als verlangte
die SPD, den Berufsrichter durch den "Volksrichter" zu ersetzen. Die
Ansicht der Sozialdemokratischen Partei klärte sich jedoch dahin, daß nicht der
Berufsrichter beseitigt, sondern lediglich das richtige Verhältnis zwischen
Berufs- und Volksrichtern hergestellt werden sollte. Demgemäß enthielt das
Görlitzer Programm der SPD aus dem Jahre 1921 nur noch die Forderung nach
"entscheidender Mitwirkung gewählter Volksrichter„.[58]
Da der Berufsrichterstand also keinesfalls abgeschafft werden sollte, bedeutete
diese Forderung nicht mehr als ein Bekenntnis zur herkömmlichen
Laiengerichtsbarkeit. Offen blieb nur, welchem System der Laiengerichtsbarkeit,
dem schöffengerichtlichen oder dem schwurgerichtlichen, die Sozialdemokraten
den Vorzug gaben.
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der
Gesetzgebung zu Beginn der Weimarer Republik ist bereits die Auffassung
Radbruchs, der damals Justizminister der sozialdemokratischen Regierung war, zu
dieser Frage wiedergegeben und sein Eintreten zugunsten des Schwurgerichts
dargestellt worden. Die SPD in den zwanziger Jahren hatte sich also für die
schwurgerichtliche Form der Laienrechtsprechung entschieden.[59]
Die Beseitigung des Schwurgerichts durch die
Emminger-Verordnung hat dann offenbar zur Folge gehabt, daß die SPD ihre
Einstellung zum Schwurgericht noch einmal schärfer formulierte. Das vom
Heidelberger Parteitag der SPD im Jahre 1925 aufgestellte Programm forderte in
einem seiner Hauptpunkte die Wiedereinführung und Weiterentwicklung des
Schwurgerichts.[60]
Dieser erneute Einsatz kam freilich zu spät, um noch für den Fortbestand des
echten Schwurgerichts wirksam sein zu können.
Dürr[61] gibt
die Situation hinsichtlich der parteipolitischen Auseinandersetzung über die
Schwurgerichtsfrage nach Erlaß der Emminger-Verordnung folgendermaßen wieder:
"Mit dem Siege des Schöffengerichtsgedankens wollen sich die Anhänger des
Schwurgerichts nicht abfinden. Sie haben neu zum Kampfe gerüstet und es ist zu
erwarten, daß bei den bevorstehenden Auseinandersetzungen im Reichstag die
Schwurgerichtsfrage keine geringe Rolle spielen wird. Vorübergehend schien es,
als ob keine politische Partei mehr sich besonders warm für das Schwurgericht
einsetzen würde und als ob es möglich wäre, die Frage "Schwurgericht oder
Schöffengericht" als reine Frage der Rechtspolitik unabhängig von
parteipolitischen Erwägungen zu behandeln. Die bevorstehenden Neuwahlen haben
das Bild verändert. Die Schwurgerichtsfrage ist wieder eine politische Frage
geworden und, wenn der Kampf um das Schwurgericht im Reichstag wirklich
ausgetragen wird, werden dabei zu einem großen Teile nicht rechtliche, sondern
politische Gesichtspunkte den Ausschlag geben."
Der "Kampf" wurde nicht mehr
ausgetragen. Zwar forderten die Sozialdemokraten im Reichstag[62]
wiederholt die Rückkehr zum echten Schwurgericht. Sie fanden dafür aber keine
Mehrheit. So hatten die Sozialdemokraten trotz des nach dem Ersten Weltkrieg zu
ihren Gunsten eingetretenen Machtwechsels es nicht vermocht, dem Schwurgericht
als "dem einzigen Ansatz zu einem Volksrichtertum, der nicht nur
Dekorationswert hat"[63],
Bestand zu verleihen.[64]
Die in der Zeit der Weimarer Republik links von
der SPD stehenden Parteien, wie die USPD und die KPD, hielten an der Forderung
nach dem "Volksgericht" im Sinne eines ausschließlich aus gewählten
Laien zusammengesetzten Gerichtes mit umfassenden richterlichen Befugnissen
fest. Ein demgemäß von der USPD vor den Reichstag gebrachter Gesetzesantrag
hatte den Wortlaut:
"Die Rechtsprechung erfolgt nur durch
Geschworene. Die Geschworenen entscheiden über den Umfang der Beweisaufnahme,
über Schuld und über Strafmaß nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Wahl
der Geschworenen, durch das Volk nach dem allgemeinen, gleichen, geheimen und
direkten Wahlrecht und nach den Grundsätzen des Verhältniswahlsystems.
Ausreichende Entschädigung der Geschworenen. Die Tätigkeit des
Verhandlungsleiters beschränkt sich auf die Durchführung des Prozesses."
Auch die KPD stellte nach Abschaffung des echten
Schwurgerichts durch die Emminger-Verordnung am 24. Januar 1928 im Reichstag
den Antrag[65],
das alte Schwurgericht wiedereinzuführen. Sie blieb damit jedoch ebenfalls
erfolglos.
Die Parteien in der Mitte und auf der rechten
Seite der politischen Skala waren dagegen mit der Beseitigung des
Schwurgerichts im Jahre 1924 einverstanden. Schon im Jahre 1923 bei der
Beratung des Gesetzentwurfes von Heinze, der die Umwandlung des Schwurgerichts
in ein großes Schöffengericht vorsah, erklärten sich die Sprecher der
Deutschnationalen Volkspartei, der Deutschen Volkspartei, der Deutschen
Demokratischen Partei und des Zentrums mit der Abschaffung des Schwurgerichts
einverstanden.[66]
Damit hatten sich die genannten Parteien durchaus auf die gleiche Linie
begeben, die während des Kaiserreiches bereits vom konservativ eingestellten
Bundesrat und während der Weimarer Republik auch vom Reichsrat vertreten worden
war.
2.
Die Reaktion der Presse
Eine Wiedergabe der Diskussion um die
Abschaffung des Schwurgerichts ist nur darin vollständig, wenn dabei auch die
Stellungnahmen der Presse in Betracht gezogen werden. Zum besseren Verständnis
der Rolle, welche die Presse im Kampf um das Schwurgericht gespielt hat, sei
vorab auf bestimmte Zusammenhänge hingewiesen. Die Presse stand stets in einer
doppelten Beziehung zum Schwurgericht. Diese Doppelbeziehung äußerte sich im
einzelnen folgendermaßen:
Sowohl während der Zeit des Deutschen Bundes als
auch während der Weimarer Republik wurde von liberalen und demokratischen
Kräften bei der Neuschaffung oder der Reform von Gerichtsverfassungsgesetzen
immer wieder darum gerungen, daß die sog. Pressevergehen, also vorwiegend
Verfahren wegen Beleidigung in Druckschriften, von Schwurgerichten und nicht
von Berufsrichtern abgeurteilt werden sollten. Die noch im absolutistischen Denken
verhafteten Regierungen sowohl der Staaten des Deutschen Bundes als auch des
Deutschen Reiches wollten unter allen Umständen durchsetzen, daß Pressedelikte
- ebenso wie politische Delikte - ausschließlich von Berufsrichtern abgeurteilt
würden.[67]
Demgegenüber waren insbesondere die Parlamente darum bemüht, Pressevergehen und
politische Delikte vor die Schwurgerichte zu bringen. Wie bereits dargestellt,
hat sich gegen allen Widerstand die Forderung des Liberalismus überwiegend
durchgesetzt. In diesem Zusammenhang war die Presse also gewissermaßen
„Objekt" des Schwurgerichts.
Zu einem
selbständigen Streiter im Kampf um das Schwurgericht und um die Zuständigkeit
des Schwurgerichts für Pressevergehen wurde die Presse aber nicht zuletzt
deshalb, weil es im Grunde um den Kampf für den Bestand[68]
der Pressefreiheit selbst ging. Die
Pressefreiheit und damit die Freiheit der Meinungsäußerung gehörte zu den
bürgerlichen Freiheiten, deren Durchsetzung
auf derselben Ebene lag wie das Streben nach Beteiligung des Volkes an
der Strafgerichtsbarkeit eben durch Schwurgerichte. Daher ist es erklärlich,
daß die Presse sich ganz allgemein
stets für das Institut des Schwurgerichts eingesetzt hat.
Die Presse hatte schon früh in den Kampf um das
Schwurgericht eingegriffen und sich mit
der ihr zu Gebote stehenden Macht zugunsten des Schwurgerichts geäußert. Bei den Umwälzungen im Anschluß an das
Jahr 1848 hatte die Presse in der
Auseinandersetzung um die Frage, ob die schöffengerichtliche oder die
schwurgerichtliche Strafgerichtsverfassung in den Staaten des Deutschen Bundes
einzuführen sei, für das Schwurgericht votiert. Damals wurde von ihr
vorgetragen, daß das Volk Vertrauen nur zu den Schwurgerichten habe und daß
allein dieser Gerichtstyp vor ungerechtfertigten Verurteilungen schütze.
Nachdem das Schwurgericht im Deutschen Reich
eingeführt war, setzte sich die Presse im Jahre 1905 erneut für das
Schwurgericht ein. Sie wandte sich
scharf gegen den Vorschlag der vom Reichsjustizamt eingesetzten Reformkommission,
der auf die Beseitigung des Schwurgerichts abzielte. Es war wohl zu einem erheblichen Teil das
Verdienst der Presse, wenn das
Reichsjustizamt bei seinem späteren Gesetzesvorschlag im Jahre 1908 die
Beibehaltung des Schwurgerichts vorsah "mit Rücksicht auf das Vertrauen,
das es in der Öffentlichkeit genießt". Eben diese Öffentlichkeit wurde -
abgesehen vom Reichstag - insbesondere durch die Presse repräsentiert.
In ganz besonderem Maße wurde die Presse sodann
aktiv, als im Vollzug der
Emminger-Verordnung das Schwurgericht abgeschafft worden war. Mit dem Aufruf "Stellt das Schwurgericht
wieder her!" wurde in zahlreichen Presseartikeln gegen die
Emminger-Verordnung im allgemeinen und die Abschaffung des Schwurgerichts im
besonderen Stellung genommen. Nur verhältnismäßig wenige Befürworter der
Emminger-Verordnung und der Abschaffung des Schwurgerichts meldeten sich in der
Tagespresse zu Wort.
Folgende Auszüge aus Tageszeitungen mögen ein
Bild geben von der Rolle, welche die Presse im Kampf um das Schwurgericht im Anschluß
an den Erlaß der Emminger-Verordnung
gespielt hat. Kein geringerer als James Goldschmidt ergriff unmittelbar nach
Erlaß der Emminger-Verordnung im "Berliner Tageblatt"[69]
das Wort. Er sprach vom "Abbau des Rechtsstaats" und erklärte, daß
Deutschland durch die Abschaffung des Schwurgerichts eines der wichtigsten
Glieder, welches es mit der Rechtskultur der zivilisierten Staaten verbinde,
zerschnitten habe.
Auch in den darauffolgenden Jahren wandte sich
das "Berliner Tageblatt" immer wieder dem Thema Schwurgericht zu. In
der Ausgabe vom 14. l.1927 bezeichnete Rudolf Olden[70]
die Wiederherstellung des Schwurgerichts als eine "Forderung des Rechtes
und der politischen Moral„ . Weil das "vom deutschen Volk mit Blut und
Tränen erkämpfte Schwurgericht„ 1924 gesetzwidrig und auf eine im höchsten
Grade unsittliche Weise abgeschafft worden sei, verlangten jetzt "das
beschädigte Recht und die beleidigte Staatsmoral", das alte Schwurgericht
wiederherzustellen.
Die gesetzwidrige" und
"unsittliche" Art der Abschaffung des Schwurgerichts wurde in einem
Artikel des Berliner Rechtsanwalts Brandt in dem ebenfalls in Berlin
erscheinenden "Montag-Morgen"[71]
näher beschrieben und ebenfalls scharf kritisiert: "Es genügt nicht, daß
der Richter, vom besten Wollen beseelt, objektiv urteilt, es muß auch das
Vertrauen zu seiner Objektivität im Volke vorhanden sein. Das neue
Schwurgericht genießt dieses Vertrauen nicht. Schon die Art seiner Entstehung
hat seinen Ruf diskreditiert. Unter Übergehung der gesetzgebenden Faktoren
wurde es dem Volke beschert. Im Verordnungswege wurde das alte, im
Volksbewußtsein verwurzelte Geschworenengericht beseitigt. Ersparnis wurde als
Grund für die Beseitigung einer in allen Kulturstaaten als notwendig
anerkannten Institution angegeben. Ersparnis in Prozessen, in denen Leben, Ehre
und Freiheit des Staatsbürgers auf dem Spiele stehen! Mit einer Lüge[72]
ist das heutige Schwurgericht ins Leben getreten, mit einer Lüge lebt es
fort."
Ein Teil der Kritiker der Emminger-Verordnung
sah in der Abschaffung des alten Schwurgerichts zugleich den Untergang
jeglichen Laienrichtertums. Den Einfluß der Laien im Schöffengericht hielten
sie für bedeutungslos. In dieser Richtung führte Brandt in dem genannten
Artikel im "Montag-Morgen" weiter aus: "Mit dem Moment, in
welchem die Geschworenen in das Kollegium der Richter einzogen, war das
Schwurgericht erledigt: ein Trugbild ihr Platz neben den Richtern, eine Farce
ihre Gleichberechtigung. Die Berufsrichter haben bei der gemeinsamen Beratung
infolge ihrer forensischen Schulung und ihrer gehobenen sozialen Stellung ein
unbedingtes Übergewicht. Damit ist aber
der Zweck des Schwurgerichts verfehlt, daß die Laien die Träger der Entscheidung über Schuld oder Nichtschuld
sein sollen."
In die gleiche Richtung zielte ein Aufsatz Hans
v. Hentigs in der "Vossischen Zeitung".[73]
Unter Hervorhebung psychologischer Momente führte v. Hentig dort folgendes aus:
"Wo drei Richter und sechs Geschworene über die Schuld- und Straffrage
gemeinschaftlich entscheiden, besteht zwar die theoretische Möglichkeit, daß
das Laienelement bei der Beratung wie bei der Abstimmung zu Worte kommt. Ein Blick in die "psychologischen
Mehrheitsverhältnisse" zeigt aber, daß die aus bitterer Erfahrung geborene
Einrichtung des echten Schwurgerichts mit seiner Trennung der Gewalten die
Unsicherheit der Laienrichter schärfer sah, ihren inneren Schwächen bewußter zu
Hilfe kam, den Zusammenhang mit dem Rechtsbewußtsein des Volkes enger knüpfte,
als eine Scheinmacht, deren zahlenmäßige Überlegenheit über die psychologische
Abhängigkeit hinwegtäuscht."
Diese Erkenntnis hatte das offizielle Organ der
SPD, der "Vorwärts„[74],
schon unmittelbar nach dem Erlaß der Emminger-Verordnung in den Satz gefaßt:
"Wer die Entscheidung der Schuldfrage aus
den Händen der Geschworenen nimmt und in die Hände eines aus Berufsrichtern und
Laien zusammengesetzten Kollegiums legt, vertraut sie den Berufsrichtern allein
an."
Etwa zwei Jahre nach Abschaffung des
Schwurgerichts erschien in der "Vossischen Zeitung"[75]
ein Artikel des bekannten Jenenser Strafrechtslehrers Max Grünhut. Er
bezeichnete die Beseitigung des alten Schwurgerichts als "keinen
Lichtblick, sondern den größten Mißgriff". Grünhut wies auf die
Gesichtspunkte der Arbeitsteilung und der Teilung der Verantwortlichkeit als positive
Faktoren beim echten Schwurgericht hin. Gleichzeitig machte er auf die Gefahr
aufmerksam, "die in der großen Versuchung für Staatsanwalt und Verteidiger
liegt, mit oratorischen oder gar demagogischen Mitteln die Geschworenen für die
eine oder andere Seite der Beurteilung zu gewinnen." Es kann in den
einschlägigen Berichten der Tagespresse nicht übersehen werden, daß auch die
Anhänger des alten Schwurgerichts gewisse Mängel seines Verfahrens
eingestanden. Zu ihrer Behebung wurde in der "Königsberger Hartungschen
Zeitung"[76]
vorgeschlagen:
"Es sollten Kurse eingerichtet werden, in
denen die Geschworenen über alle Formalitäten ihres verantwortlichen Amtes
genau unterrichtet werden; so würde man auch den einfachsten Arbeiter, wenn man
ihn zweckmäßig über seine Aufgabe orientiert, zu einem brauchbaren Geschworenen
machen können."
Im gleichen Sinne wurde in der "Vossischen
Zeitung"[77]
empfohlen: "Die Geschworenen sollten sich organisatorisch zusammenfinden,
um sich durch Vorträge und Aussprachen über Fragen der Rechtspflege und der
Rechtsauffassung zu belehren und sich für die weitere amtliche Ausübung
vorzubereiten. Das Volksvertrauen zur Rechtspflege würde gewiß hierunter nicht
zu leiden brauchen."
Bei den Reaktionen der Presse auf die
Emminger-Verordnung ging es nicht zuletzt immer wieder um bestimmte - heftig
umstrittene - Auffassungen vom Amt der Geschworenen. Eine in den Stellungnahmen
der Presse stets wiederkehrende Auffassung vom Geschworenenamt lautete, die
Geschworenen erfüllten nicht allein richterliche, sondern auch gesetzgeberische
Funktionen.[78]
Die angeblich "gesetzgeberische
Funktion" der Geschworenen kam vor allem bei der Beurteilung des Delikts
der Abtreibung zum Ausdruck. Es geschah nämlich häufig, daß die Geschworenen in
Fällen nachgewiesener Abtreibung anstatt die damals vom Gesetz vorgesehene
Zuchthausstrafe[79]
auszusprechen, die Schuldfrage verneinten und damit einen Freispruch erwirkten.
Hierzu hieß es in dem bereits erwähnten Artikel des "Montag-Morgen":
"Die Geschworenen erfüllen nicht allein richterliche, sondern auch
gesetzgeberische Funktionen. Die durch Gesetzeskenntnis und juristische
Ausbildung unbeeinflußte, nur von dem gesunden Menschenverstand geleitete
Meinung der Volksrichter bildet einen notwendigen Maßstab dafür, ob sich in dem
Rechtsempfinden des Volkes eine Wandlung vollzogen hat. So haben gerade die
Geschworenen einer neuen Rechtsgestaltung in bezug auf Abtreibung Bahn
gebrochen. Das im alten Schwurgericht verkörperte Volksrichtertum bildete eine
stete Garantie für die Verständlichkeit des Gesetzes und für eine die
Entwicklung und Wandlung des Schuldbegriffes berücksichtigende Elastizität des
Strafgerichts."
Die Zuchthausstrafe bei Abtreibung ohne die
Möglichkeit, mildernde Umstände zu gewähren[80], ist
in der Tat unangemessen hart. Ob dieser Umstand jedoch zu rechtfertigen
vermochte, daß ein Geschworenengericht den Gesetzgeber korrigierte[81]
oder sich an seine Stelle setzte, erscheint zweifelhaft und wurde zur damaligen
Zeit auch durchaus unterschiedlich beurteilt. Rollier[82]
z. B. lehnte eine gesetzgeberische Funktion der Geschworenen ab; er führte dazu
aus: "Das Unheilvollste an der verfehlten Struktur der Schwurgerichte ist
das Mißverständnis der meisten Geschworenen, daß sie im Einzelfall unbekümmert
um das geschriebene Recht souverän das eigene Gesetz vorschreiben dürften und
müßten."
Eine weitere, ebenfalls sehr umstrittene
Auffassung, die mehrfach in der Presse zum Ausdruck gekommen ist, war die
Meinung, die Geschworenen hätten die legitime Funktion einer Gnadeninstanz. Ein
"Recht zur Begnadigung" wurde den Geschworenen, insbesondere bei
Anklagen wegen Meineids zugebilligt. Es kam demzufolge nicht selten vor, daß
des Meineids überführte Angeklagte von Geschworenengerichten freigesprochen
wurden. Der in den Zwanziger Jahren
unter dem Pseudonym "Sling" bekannte Paul Schlesinger, ein in
verschiedenen Berliner Tageszeitungen hervortretender Publizist auf dem Gebiet
des Strafverfahrens und ein Verfechter des Schwurgerichtsgedankens, vertrat in
der "Vossischen Zeitung"[83] die
Ansicht, die "Gnadeninstanz" des Schwurgerichts dürfe - insbesondere
bei Meineidsachen - dem Volke nicht genommen werden. Er führte hierzu aus:
"Es gab ein Delikt, in dem das alte
Schwurgericht als Gnadeninstanz wirkte:
den Meineid. Man kann die vielen freisprechenden Urteile in
Meineidssachen von juristischen und ethischen Gesichtspunkten aus noch so hart
schelten, eines bewiesen sie: das Volk war mit der Strafgesetzgebung nicht
einverstanden. Daß das Zuchthaus auch dem droht, dem vielleicht der Eid gar
nicht hätte abgenommen werden dürfen, oder dem, der in Gewissensnot, um der
Geliebten zu helfen, zwangsläufig meineidig wurde, das begriff das Volk nicht
und will es noch heute nicht begreifen. . . . Will man dem Volke die
Gnadeninstanz, die das Schwurgericht alten Stils bedeutete, nehmen, so muß man erst einmal sehen, ob der
strafgesetzliche Unterbau es gestattet." Gegenüber der Ansicht Slings
wurde von Juristenseite[84]
darauf hingewiesen, daß auch die Geschworenen als "Richter" nach
Artikel 102 der Weimarer Reichsverfassung nur dem Gesetz unterworfen und daher
nicht berechtigt seien, über das Gesetz
hinausgehend Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Zur Zeit der
Emminger-Verordnung lehnten die Geschworenen selbst offenbar in zunehmendem
Maße ihr Amt ab. Sie hielten ihre Tätigkeit vielfach für überflüssig oder aber nur dann für nützlich, wenn ihnen bei
ihrer Beratung die fachliche Unterstützung zumindest eines Berufsjuristen
zuteil würde. In dieser Richtung äußerte sich im Jahre 1927 ein Fabrikbesitzer
namens Friedeberg als Geschworener in
der "Vossischen Zeitung„[85] ; er
nahm damit gleichzeitig gegen das alte und zugunsten des neuen
"Schwurgerichts" Stellung: "Es ist psychologisch begreiflich,
daß der Geschworene heute vom Richtertisch aus ganz anders in die Verhandlung
eingreift als früher von der isolierten Geschworenenbank aus. Im
Beratungszimmer können die Geschworenen als vollberechtigte Mitglieder des
Gerichts ihre Meinung äußern, können sich von den Berufsrichtern über
juristische Fragen belehren lassen und doch nach eigenem freien Ermessen ihr
Urteil bilden. Auch hat der Geschworene Einfluß auf das Strafmaß, eine
Erscheinung, die für das Volksvertrauen nicht hoch genug zu schätzen ist."
Daß Geschworene ihr eigenes Amt ablehnten, war
kein Einzelfall. Dies geht aus einer Umfrage[86]
hervor, die in Deutschland im Jahre 1923 bei einer größeren Zahl von
Geschworenen durchgeführt wurde. Das Ergebnis war, daß sich nur ein einziger
der befragten Geschworenen für die Beibehaltung des Schwurgerichts aussprach;
er schlug vor, man solle die Richter mit den Geschworenen gemeinsam beraten
lassen. Auch er sprach sich also im Grunde für das schöffengerichtliche System
aus.[87]
Hans v. Hentig[88]
kommentierte diese Entwicklung mit folgenden Sätzen, wobei er zugleich seine
Überzeugung von der Wiederkehr des echten Schwurgerichts zum Ausdruck brachte:
"Die paneuropäische Bewegung gegen das Schwurgericht mag die uralte
germanische Einrichtung der strafrechtlichen Selbstregierung mit allen Mitteln
austreiben, - sie wird wiederkehren. Wir nähern uns der Klimax der rückläufigen
Entwicklung ..., wenn Geschworene sich gegen das Schwurgericht erheben, so ist
der Umschlag nahe."
Zusammenfassend läßt sich an dieser Stelle sagen, daß die Presse
im Kampf um das Schwurgericht eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Indem sie
sich nachdrücklich für das Schwurgericht einsetzte, hat sie es vermocht,
zunächst die Einführung und später den Fortbestand des Schwurgerichts zu
unterstützen. Gleichwohl konnte auch die Presse weder verhindern, daß im Zuge
der Emminger-Verordnung das Schwurgericht abgeschafft wurde, noch konnte sie
durch ihre lautstarke Kritik an dieser Maßnahme eine Rückkehr zum echten
Schwurgericht bewirken.
Die grundsätzlich positive Einstellung der
Presse zum Schwurgericht fand sich auch in Österreich. Dort setzte sich die
Presse z. B. im Jahre 1927 dafür ein, daß eine für die Abschaffung des
Schwurgerichts erforderliche Verfassungsänderung, die von mehreren politischen
Parteien angestrebt war, nicht zustande kam.[89]
3.
Die Reaktion der Juristen
Abgesehen von den politischen Parteien und der
Presse brachten selbstverständlich auch die juristische Wissenschaft und Praxis
ihre Einstellung zur Abschaffung des Schwurgerichts durch die
Emminger-Verordnung zum Ausdruck. In den Stellungnahmen aus Juristenkreisen
spiegelten sich die unterschiedlichen grundsätzlichen Auffassungen zur Frage
der Schwurgerichtsbarkeit wider, wie sie auch schon zu früheren Zeiten von den
jeweiligen Gruppen geäußert worden waren.
Die Anwaltschaft nahm in der Tagespresse und in
den Fachzeitschriften scharf gegen die Umgestaltung des Schwurgerichts in ein
großes Schöffengericht Stellung. Drucker[90]
bezeichnete das neue sog. "Schwurgericht" als einen
"fratzenhaften Kompromiß" zwischen dem echten Schwurgericht und dem
Schöffengericht. Max Alsberg[91],
einer der bedeutendsten Strafverteidiger der damaligen Zeit, wies kritisch
darauf hin, daß beim Schwurgericht neuer Art der Einfluß der Laien entscheidend
zurückgedrängt worden sei. Er hielt dies für einen schweren Nachteil gegenüber
dem alten Schwurgericht.
Der Deutsche Anwaltverein faßte am 9. und 10.
September 1924 eine Entschließung, in der es hieß, daß die Emminger-Verordnung
"eine sittlich und rechtlich bedenkliche Minderung der Rechte der von
staatlicher Strafgewalt verfolgten Staatsbürger" darstelle.[92]
Zur Reaktion der Anwaltschaft auf die
Abschaffung des Schwurgerichts bemerkte Hartung[93] im
Jahre 1924: "Daß mancher Jurist -
und insbesondere die Anwaltschaft, für die das Auftreten im Schwurgericht stets
Gelegenheit zur Entfaltung besonderen Könnens bot - die Schwurgerichte mit
Bedauern fallen sieht, ist wohl verständlich."
Der Grund für die Besorgnis und Kritik seitens
der Anwaltschaft lag jedoch gewiß nicht nur im Wegfall einer
Entfaltungsmöglichkeit, sondern ebensosehr im Verlust einer Rechtsinstitution,
die ursprünglich und in erster Linie zur Wahrung der Rechte des Angeklagten -
also des Schutzbefohlenen eines Verteidigers - geschaffen worden war.
Einen der Auffassung der Anwaltschaft
entgegengesetzten Standpunkt nahmen die Richterschaft und die Staatsanwälte
ein. Sie waren in ihrer ganz überwiegenden Mehrzahl mit der Beendigung der
Rechtsprechung durch Geschworene vorbehaltlos einverstanden. Aus dem Bereich
der Richterschaft und der Staatsanwälte haben vor allem der Preußische
Richterverein, der Deutsche Richterbund und namentlich der damalige
Oberreichsanwalt Ebermayer sowie der Senatspräsident am Reichsgericht, Adolf
Lobe, der Umwandlung des Schwurgerichts in ein großes Schöffengericht
zugestimmt.[94]
Auch bei der Richterschaft liegt die von ihr
vertretene Auffassung nahe, und zwar aus dem schon einmal erwähnten Grund, daß
von Berufsrichtern schwerlich verlangt werden kann, eine Rechtsinstitution
vorbehaltlos anzuerkennen, die, jedenfalls bei ihrer Einführung, Ausdruck des
Mißtrauens gegen die richterliche Unparteilichkeit war. Es sind aber wohl auch
justiztechnische Gründe, nämlich Vereinfachung und Beschleunigung des
Verfahrens, gewesen, die - von einer gewissen Voreingenommenheit abgesehen –
die Richterschaft mit der Abschaffung des Schwurgerichts einverstanden sein
ließen.
Mag die Einstellung der juristischen Praktiker
aus bestimmten historischen Vorgegebenheiten heraus beeinflußt gewesen sein,
letztlich mußte - so darf man annehmen - die Rechtswissenschaft Auskunft
darüber geben können, ob eine Umwandlung des schwurgerichtlichen in das
schöffengerichtliche System den damaligen justizpolitischen Notwendigkeiten
entsprach und nach dem damaligen Stand der Strafprozeßrechtswissenschaft
gerechtfertigt war.
In der Beurteilung der Schwurgerichtsbarkeit zu
Beginn der zwanziger Jahre ging die überwiegende Auffassung der
Rechtswissenschaft dahin, daß das Schwurgericht den Anforderungen der
Rechtspflege nicht mehr genüge. Die Ersetzung des alten Schwurgerichts durch
ein großes Schöffengericht wurde von führenden Wissenschaftlern wie Robert v.
Hippel[95]
und Ernst Beling[96]
gutgeheißen.
Als repräsentativer Ausdruck der Einstellung,
die in der Rechtswissenschaft vorherrschte, kann ein Beitrag aus der Festgabe
der juristischen Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts am 1.
Oktober 1929 angesehen werden, der von dem Berliner Professor und
Kammergerichtsrat Karl Klee stammt.[97]
Dort wird ausgeführt, daß diejenigen, die noch
heute Anhänger des alten Schwurgerichts seien, offenbar von der Romantik des
alten germanischen Strafverfahrens zu stark befangen seien, um die reale
Unmöglichkeit zu erkennen, die heutige Rechtsprechung auf das Laienelement
aufzubauen. Die Mitwirkung des Laienelements an der Strafrechtspflege sei zwar
ein unentbehrliches Mittel, das Vertrauen der Bevölkerung zu den Strafgerichten
wachzuhalten; die Laien sollten Zeuge sein, in wie ernster,
verantwortungsvoller Arbeit sich der Berufsrichter um die tatsächliche Arbeit
mühe. Für den Berufsrichter hinwiederum habe die Mitwirkung der Laien bei der
Beratung die Bedeutung einer wertvollen Selbstkontrolle.
Aber mit fortschreitender Verwicklung der
Lebensverhältnisse und der Rechtstechnik müsse der Laie als eigentlicher
Schöpfer des Rechts im einzelnen Falle regelmäßig notwendig versagen. Selbst in
einfacher gelagerten Kapitalprozessen sei der sich selbst überlassene
Laienverstand der Schulung des Anklägers und des Verteidigers nicht gewachsen
und könne daher leicht dem Irrtum anheimfallen. Das alte Schwurgericht habe
sich überlebt und nur im Schöffensystem könne man das Heil finden.
Dieser Auszug spiegelt die Auffassung wider, die
überwiegend im Bereich der Rechtswissenschaft vertreten wurde. Nur eine
Minderheit, darunter jedoch bedeutende Wissenschaftler wie Goldschmidt, Oetker,
Grünhut, Hans v. Hentig und Wolfgang Mittermaier, sprach sich leidenschaftlich
für das Schwurgericht aus.[98] Sie
rieten dringend zu seiner Wiedereinführung. Oetker war der Ansicht[99],
daß die Emminger-Verordnung einen Rückschritt gegenüber der Gesetzgebung von
1877 darstelle, und gab der Hoffnung
Ausdruck, daß Reichstag und Reichsrat "dem verunglückten Experiment das
wohlverdiente Ende" bereiten würden.
Hans v. Hentig hat neben seinen kritischen
Stellungnahmen zur Emminger-Verordnung auch aufschlußreiche Statistiken
veröffentlicht, aus denen hervorgeht, in welch starkem Maße die
Laienrichterbeteiligung durch die Emminger-Verordnung
abgebaut wurde. Waren vor dieser Maßnahme etwa 80 % aller Strafurteile unter
Zuziehung von Laienrichtern und nur 20 % ausschließlich von Berufsrichtern
gefällt worden, so kehrte sich nunmehr das Verhältnis um: Unter Mitwirkung von
Laienrichtern wurden nur noch etwa 20 % aller Strafsachen entschieden, in 80 %
der Fälle urteilten Berufsrichter allein.
An die Statistiken schloß v. Hentig Ausführungen
an, in denen er die Abschaffung des Schwurgerichts - vor allem im Hinblick auf
die demokratisch republikanischen Grundsätze der Weimarer Reichsverfassung -
als ein Unrecht am Volk charakterisiert. Er bemerkte u. a.: "Während noch
im Jahre 1924 die Kritik gegen die Emminger-Verordnung lebhaft war, hat sich
jetzt sogar die Wissenschaft mit diesem flüchtigen Pfuschwerk abgefunden.
Selbst Löwe kann nicht die Bemerkung unterdrücken, daß diese "Reform die
Rechtseinheit gefährdet und die Rechtsprechung verschlechtert". Sie hat
der Teilnahme des Volkes an der Rechtsprechung einen tödlichen Schlag versetzt.[100]
Daß gerade die deutsche Republik, in deren
erstem Verfassungsartikel die Worte stehen: Die Staatsgewalt geht vom Volke
aus, "im Hinblick auf die Not von Volk und Reich" den rechtspolitisch
und rechtspsychologisch verhängnisvollen Schritt getan hat, eben dieses
angeblich souveräne Volk von der Verantwortlichkeit für eine der wichtigsten
Staatsfunktionen auszuschließen, ist nicht nur eine törichte Schlauheit,
sondern, wenn man tiefer blickt, ein Unrecht am Berufsrichtertum und seiner
Zukunft gewesen.[101]
Durch einen als finanzielle Sparmaßnahme
maskierten Handstreich ist die Beseitigung des Schwurgerichts - einstweilen -
gelungen. Ich bin ganz sicher, daß die Erfahrungen der Wirklichkeit in wenigen
Jahren zu einer Änderung zwingen werden."[102]
Die Bezeichnung "maskierter
Handstreich" mag etwas überspitzt sein, sie gibt jedoch treffend wieder,
daß die gesetzgeberische Maßnahme Emmingers sowohl überraschend und schnell als
auch vor den Augen der Öffentlichkeit verdeckt vorgenommen wurde, weil man den
Namen "Schwurgericht" trotz Umwandlung in ein Schöffengericht
beibehielt.
In seiner Prognose, daß es zu einer baldigen
Wiedereinführung des Schwurgerichts kommen werde, ist v. Hentig allerdings
durch die tatsächliche Entwicklung widerlegt worden.
Die lautstarke und scharfe Kritik an der
Abschaffung des Schwurgerichts durch die Emminger-Verordnung hat die
Reichsregierung und den Reichsrat offenbar wenig beeindruckt; jedenfalls
vermochte sie deren grundsätzlich ablehnende Einstellung zum Schwurgericht
nicht zu ändern. Das beweist u. a. die Tatsache, daß der Reichsjustizminister
schließlich am 20. Mai 1930 mit Zustimmung des Reichsrates dem Reichstag den
Entwurf eines "Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen
Strafgesetzbuch"[103]
vorlegte, der neben Regelungen, die das materielle Strafrecht betrafen,
zahlreiche Änderungen des GVG und der StPO vorsah, es aber bei der nunmehr
sechs Jahre zurückliegenden Umgestaltung des Schwurgerichts in ein großes
Schöffengericht beließ.[104] Der
Entwurf begründete dies damit, daß man noch keine ausreichenden Erfahrungen mit
dem neuen "Schwurgericht" gesammelt habe. Auch sei es nicht angängig,
die mit dem neuen Schwurgericht eingeführte Beteiligung der
"Geschworenen" an der Strafzumessung wieder aufzugeben.
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[1] Vgl. hierzu Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.186 f.
[2] Veröffentlicht auf Anordnung
des Reichsjustizministeriums (1920).
[3] a. a. O., S. 2.
[4] a. a. O., S. 2.
[5] a. a. O., S. 5.
[6] Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.153.
[7] Vgl. hierzu Nagler, Die sog.
Schifferschen Entwürfe, in: Der Rechtsgang, 3. Bd., S. 233. Inwieweit eine
"Politisierung" der Schwurgerichte ohnehin bereits eingetreten war,
ist noch darzustellen.
[8] Begründung des Entwurfs, a.
a. O., S. 8
[9] Vgl. hierzu Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.154.
[10] Veröffentlicht im
Reichsanzeiger Nr. 157 vom 19. 7.1922.
[11] Vgl. Rosenberg, Werner: Eine
Gefahr für die Rechtspflege, in: Deutsche Juristenzeitung 1922, S. 340;
Düringer, Adelbert: Politisierung der Justiz, in. Deutsche Juristenzeitung
1922, S. 521 ff.
[12] RGBl. S. 465.
[13] R.T.-Drucksache der 1.
Wahlperiode (1920), 378. Bd., Nr. 5884.
[14] Vgl. hierzu Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.159.
[15] Zitiert nach Hartung, Fritz:
Die Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege, in: Das Recht
1924, Heft 7, Sp. 128 ff., Sp. 130 f.
[16] Rechtspflege vom 4. Januar 1924
(RG Verordnung über Gerichtsverfassung und Strafprozeß. I, S.15), benannt nach
dem amtierenden Reichsjustizminister Erich Emminger.
[17] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.160.
[18] Vgl. z. B. Hellwig,
Justizirrtümer, S. 82; Radbruch, zitiert bei Hartung, Recht 1924, Sp. 130;
Kern, Eduard: Die Beteiligung des Volkes an der Strafrechtspflege. Der
Konstanzer Juristentag, Tübingen 1947, S. 135 ff., S.142.
[19] Die Denkschrift hatte folgende
Entstehungsursachen: Der Mathematik-Professor Emil Julius Gumbel
veröffentlichte im Jahre 1921 unter dem Titel "Zwei Jahre Mord" eine
Broschüre, in der zahlreiche zu politischen Morden ergangene Fehlurteile wiedergegeben
waren. Gustav Radbruch, damals sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter,
übergab das Buch dem
Reichsjustizminister Eugen Schiffer mit der Aufforderung, den Fällen
nachzugehen und dem Reichstag über das Ergebnis seiner Untersuchung Auskunft zu
geben. Die Justizverwaltungen von Preußen, Bayern und Mecklenburg erstatteten
auf Veranlassung des Reichsjustizministers ausführliche Berichte, doch kam es,
obwohl Radbruch zwischenzeitlich selbst zweimal (im Herbst 1921 und 1923)
Justizminister wurde, nicht zu einer Veröffentlichung der vom Justizministerium
aufgrund der Berichte zusammengestellten Denkschrift. Gumbel ließ daraufhin
eine Abschrift von ihr anfertigen und veröffentlichte sie im Mai 1924. Der
Berliner Rechtsanwalt Ernst Emil Schweitzer (Verteidiger im
berühmt-berüchtigten Prozeß Bullerjahn; vgl. hierzu Hirschberg, S. 179 ff.)
kommentierte in Gumbels Auftrag die Denkschrift des Reichsjustizministers in
einem Anhang. (Wiedergegeben nach H. u. E. Hannover, S.18, 313, 29.)
[20] Vgl. hierzu Hirschberg, Max:
Das Fehlurteil im Strafprozeß. Zur Pathologie der Rechtsprechung, Frankfurt am
Main und Hamburg 1962, S.165 ff.
[21] Denkschrift des
Reichsjustizministers, S. 24; wiedergegeben. nach Hannover,Heinrich /
Hannover-Drück, Elisabeth: Politische Justiz 1918-1933, Frakfurt 1966, S. 42.
[22] Der Fall wurde von dem
sozialdemokratischen Abgeordneten Dr. Rosenfeld in der Reichstagssitzung vom
12. 2. 1923 wiedergegeben; Prot. 1. Wahlperiode, 358. Bd., S. 9628.
[23] Vgl. hierzu Jacta, Maximilian:
Berühmte Strafprozesse, Deutschland II, München 1967, S. 242.
[24] Die Angaben stammen von
Kuttner, Erich: Klassenjustiz, Berlin 1921, S. 31 f.
[25] Olden, Rudolf: Das Zuchthaus -
die politische Waffe, Berlin 1922, S. 49 ff.
[26] Kuttner, a. a. O., S. 53 f.
[27] Vgl. hierzu etwa Hirschberg,
a.a.O., S.153.
[28] Vgl. §§ 89 ff. GVG.
[29] Verhandlungen des Reichstages
I. WP. 1920 Bd. 360 S.1187.
[30] Vgl. hierzu die Ausführungen
Oldens (bei H. u. E. Hannover, S. 31) sowie Maurer, Heinz Wolfgang: Die
Einstellung von Sozialisten zu den grundlegenden Fragen der
Strafgerichtsverfassungs- und Strafverfahrensreform, Freiburger Dissertation
1931, S. 24.
[31] Hierauf weist Maurer, a.a.O.,
S. 30, mit Recht hin.
[32] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungrecht, S.160.
[33] RGBI. I, S.1179.
[34] § 1 Satz 3 des Gesetzes; sog.
Ermächtigungsausschüsse.
[35] Vgl. die Wiedergabe des
Entwurfs bei Hartung, Recht 1924, S .130 f.
[36] Vgl. Hartung, Recht 1924, Sp.
130.
[37] Rittweger: Das Schwurgericht,
in: Deutsche Juristenzeitung1924, S.196 ff.
[38] Alle 30 Geschworenen mußten
während der ganzen Sitzungsperiode zu jeder Sitzung zum Zwecke der Bankbildung
erscheinen, obwohl man jeweils nur 12 brauchte.
[39] Löwe-Rosenberg, a.a.O., Bd. I,
S. 27.
[40] Vgl. Hartung, Recht 1924, Sp.
131.
[41] Vgl. Hartung, Recht 1924, Sp.
131.
[42] Verhandlungen des 35. Deutschen
Juristentages 2. Bd., S. 650.
[43] Hartung, Fritz: Um das
Schwurgericht, in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 82. Bd.
(1970), S. 601 ff.
[44] Hartung, Schwurgericht, S. 604.
[45] Sten. Berichte, S. 21734 ff.,
307. Sitzung; (zit. nach Hartung, Recht 1924, Heft 7, Sp. 132).
[46] Man muß sich auch vor Augen halten, daß Emminger Mitglied der
bayerischen Schwesterpartei des Zentrums war.
[47] Vgl. § 1 Satz 3 des
"Ermächtigungsgesetzes„ vom 8.12.1923 (RGBl. I S. 1179).
[48] RGBl. I, S. 299.
[49] Vgl. etwa v. Hentig, Hans: Die
Reform des Schwurgerichts in Frankreich, in: Monatsschrift für
Kriminalpsychologie, 20. Jg. (1929), S. 117 ff., S.119 f.
[50] Vgl. z. B. Brandt in der
Berliner Tageszeitung "Montag-Morgen" vom 27.12.1926.
[51] Binding, Karl: Die drei Grundfragen der Organisation des Strafgerichts,
Leipzig 1876, S. 2 f.
[52] Kirsch, Wilhelm: Unsere
Gerichte und ihre Reform, Leipzig 1908, S. 104.
[53] Maurer, a.a.0., S. 6
[54] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.147, Maurer, a.a.O., S. 11.
[55] Vgl. Maurer, a.a.O., S. 74.
[56] Verh. Prot. S. 90; zitiert nach
Maurer, a.a.O., S. I1.
[57] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.147; Maurer, a.a.O., S. I1.
[58] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.147; Maurer, a.a.O., S.12 f.
[59] Vgl. Maurer, a.a.O., S. 27.
[60] Vgl. Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.163; Maurer, a.a.O., S. 27.
[61] Dürr, Alfred: Die Zukunft des
Schwurgerichts, in: Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht, 18. Jahrg. 1924,
Sp. 108 ff., Sp. I28.
[62] Verhandlungen des Reichstags,
III. WP. 1924, Bd. 388, S. 5317; Bd. 414, Nr. 3026; Bd. 392, S. 9173; vgl. im
übrigen Hartung, Recht 1924, Heft 7, Sp. 132.
[63] Loewenfeld, Laienrichter, in:
Sozialistische Monatshefte, 1920, Bd. II, S. 813 ff., 815.
[64] Antrag der USPD vom 27. 9.1921,
Verhandlungen des Reichstags, I. WP. 1920, Bd. 369, Nr. 2701.
[65] Verhandlungen des Reichstages,
III. WP. 1924, 421. Bd., Nr. 3886.
[66] Vgl. Hartung, Recht 1924, Heft
7, S. 130.
[67] Vgl. hierzu Kirchheimer, Otto:
Politische Justiz 1965, S. 331. Ein einprägsames Bild von einem
"Preßprozeß", der im Jahre 1891 aus Anlaß eines in den
"Hessischen Blättern" erschienenen Artikels vor einer Strafkammer des
Königl. Landgerichts in Kassel, in 2. Instanz vor dem Reichsgericht, verhandelt
wurde, gibt die Darstellung von Bartels, Paul: Die preußische Geschichte vor
den Schranken der Justiz. Aktenmäßige Darstellung eines Preßprozesses aus dem
Jahre 1891, Hannover 1921.
[68] Vgl. Kößler, a.a.O., Sp. 1586
ff.
[69] Ausgabe vom 17.1.1924.
[70] Einer der vier Verteidiger Carl
von Ossietzkys in dem zu trauriger Berühmtheit gelangten Landesverratsprozeß
vor dem Reichsgericht.
[71] Ausgabe vom 27.12.1926.
[72] Gemeint ist die nicht
zutreffende Bezeichnung des großen Schöffengerichts als "Schwurgericht„.
[73] Ausgabe vom 25.12.1926.
[74] Ausgabe vom 4.1.1924.
[75] Ausgabe vom 1.12.1926.
[76] Ausgabe vom 9.1.1927.
[77] Ausgabe vom 1.1.1927.
[78] Vgl. z. B. den Artikel im
Berliner "Montag-Morgen" vom 27. 12.1926.
[79] § 218 StGB in der Fassung vom
15. Mai 1871.
[80] Diese Möglichkeit wurde erst
später eingeführt durch das Gesetz zur Abänderung des StGB v. 18. 5.1926 (RGBl.
I, S. 239).
[81] Zur Problematik richterlicher
Rechtsfortbildung - auch contra legem - vgl. Wieacker, Franz: Gesetz und
Richterkunst, Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe,
Heft 34, 1968.
[82] Zur Behandlung des Problems in
England, vgl. Knittel, Das englische Schwurgericht, S. 107 f.
[83] Ausgabe vom 25.12.1926.
[84] Vgl. z. B. Reichsgerichtsrat
Bewer: Der Kampf um die Schwurgerichte, in Deutsche Richterzeitung 1927, S. 120
ff., S. 121.
[85] Ausgabe vom 1.1.1927.
[86] Erwähnt bei Hartung, Recht
1924, Sp. 133.
[87] Die Einstellung von
Geschworenen gegen ihr eigenes Amt fand sich zu jener Zeit nicht nur in
Deutschland. In Italien richteten im Jahre 1927 Geschworene an den
italienischen Justizminister folgendes Telegramm: "Die Mitglieder der
zweiten Session des Schwurgerichts von Alessandria beantragen bei Eurer
Exzellenz die Abschaffung des Schwurgerichts. Das Schwurgericht ist nicht mehr
dem neuen unitarischen Staat angepaßt, der ein zuverlässiges und auserwähltes
Richtertum sein eigen nennt . . ." Zit. nach v. Hentig, Hans: Geschworene
gegen Geschworene, in: Monatsschrift für Kriminalpsychologie, 1927, S. 648.
[88] v. Hentig, Geschworene, 1927,
S. 648..
[89] Vgl. Kössler, a.a.O., Sp. 1586
ff.
[90] Drucker: Laien allein, in:
Juristische Wochenschrift 1924, S. 1672 ff.
[91] JW 1925, S. 889;
"Vossische Zeitung" vom 16. 4.1925.
Vgl. auch die Ausführungen des Rechtsanwalts Brandt im Berliner
"Montag-Morgen" vom 27.12. 1926
[92] Zitiert nach Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S.163.
[93] Hartung, Recht 1924, Sp. 133.
[94] Vgl. die Aufzählung bei Hartung, Recht, 1924, Sp. 133; Hartung, Fritz:
Die Verordnung zur Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege vom 4. Januar 1924,
in: Juristische Wochenschrift 1925, S. 886; vgl. ferner Kohlrausch: Juristische
Arbeitsgemeinschaft für Gesetzgebungsfragen, in: Deutsche Juristenzeitung 1924,
Sp 416 und 965.
[95] V. Hippel, Robert: Die
Strafprozeßordnung vom 4. Januar 1924, in: Monatsschrift für
Kriminalpsychologie, 1924, S. 133.
[96] Beling, Ernst: Der amtliche
Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuch und
zum Strafvollzugsgesetz, in: Deutsche Juristenzeitung, 1929, S. 1171.
[97] Klee, Karl: Der Einfluß der
Volksanschauung auf die strafrechtliche Praxis des Reichsgerichts, in: Die
Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der juristischen
Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des
Reichsgerichts, 5. Band, S. 72.
[98] Äußerungen der Professoren
Goldschmidt, Radbruch, Grünhut, v. Hentig und Mittermaier sind bereits
wiedergegeben worden.
[99] Zitiert nach Kern,
Gerichtsverfassungsrecht, S. 163.
[100] V. Hentig, Hans: Der
abgeschaffte Laienrichter, in Monatsschrift für Kriminalpsychologie 18./19. Jg.
(1927), S. 333 und 643.
[101] V. Hentig, Der abgeschaffte
Laienrichter, S. 643 f.
[102] V. Hentig, Reform des
Schwurgerichts, S.119 f.
[103] Reichstags-Drucksache Nr. 2070.
[104] VgI. dazu Löwe-Rosenberg,
a.a.O., Bd. I, S. 28.