Tekla Papp

Entwicklungstendenzen im Kreise der atypischen Verträge

 

 

 

 

1. Umschreibung der atypischen Verträge

 

Die Entwicklung der Marktwirtschaft und ihre Erscheinungen – welche rechtliche „Gebilde” zur Folge hatten, die sich auf die durch die grossen naturrechtlichen Kodizes des XIX. Jahrhunderts deklarierte Vertragsfreiheit zurückgeführen lassen – sprengen den Regelungsrahmen des Zivilgesetzbuches:

-         die geschäftsmässige Wirtschaftstätigkeit (die regelmässige Produktions-, Dienstleistungs-, Handelstätigkeit zum Zwecke der Erzielung von Gewinn), die massenhaften Vermögens- und Warenverbindungen, die umfangreichen Investitionen, die nationale Grenzen überschreitenden Rechtsgeschäfts-Verhältnisse ermöglichten die Einbürgerung und Verwendung immer neuer Verträge, und

-         es traten neue Vertragstechniken auf, die die traditionell institutionalisierten vertraglichen Grundtypen übertrafen: auf Vereinheitlichung, Standardisierung gerichtete bzw. zu stark detailisierende, selbstregulierende Vereinbarungen.

Die am Ende des 20. Jahrhunderts in Ungarn auftretenden änderungen in der Wirtschaft und in der Rechtspraxis erweckten die Gruppe der atypischen – von den im Zivilgesetzbuch benannten Kontrakten abweichenden – Verträge zum Leben.

Für diese vertraglichen Rechtsverhältnisse ist charakteristisch, dass[1]:

a)     die atypischen Vereinbarungen im allgemeinen keine ungarische Bezeichnung haben, sondern unter einem Namen fremden Ursprungs (z.B. Leasingvertrag, Franchise-Vertrag, Konzessionsvertrag, Syndikatsvertrag, Lizenzvertrag), oder komplizierten, das Wesentliche des Rechtsverhältnisses nicht sehr präzise ausdrückenden Bezeichnungen (z.B. Konsortsvertrag, als Vertrag, der sich auf die Beteiligung an einer Verbrauchergruppe richtet; Timesharing-Vertrag, als Vertrag, der sich auf die Erlangung des zeitlich geteilten Nutzungsrechtes an Immobilien richtet) geregelt wurden;

b)    der Teil „Einzelverträge” des Ungarischen Zivilgesetzbuches (Vierter Teil, III. Abschnitt) nicht über die atypischen Verträge verfügt. Diese lassen sich keinem der bezeichneten Vertragstypen zuordnen. Es ist anzumerken, dass dieses Kennzeichen relativ ist: die Modifizierung, Neukodifizierung des UZGB können in dieser Hinsicht eine neue Situation schaffen;

c)    bei der Herausbildung und Entwicklung der Regeln der atypischen Verträge den ausländischen praktischen und rechtsschöpferischen Mustern sowie den einheimischen Gewohnheiten eine wichtige Rolle zukam. Innerhalb eines Jahrzehnts oder auch einiger Jahre klärten sich die so entwickelten rechtlichen Konstruktionen und erlangten rechtliche Regelung;

d)    mit Ausnahme des Syndikats- und des Franchisevertrages die atypischen Verträge auf gesetzlicher (z.B. Konzessionsvertrag, selbständiger Handelsvertretervertrag), oder Regierungsverordnungsbasis (z.B. Handel ausser Geschäfts, Verträge unter Abwesenden) oder aber durch implementierte internationale Vereinbarungen (z.B. bei Factoring und Leasing) kodifiziert wurden;

e)     sich im Zusammenhang mit diesen Vereinbarungen in der europäischen Rechtsentwicklung Bestrebungen zur Rechtsvereinheitlichung beobachten lassen (z.B. Richtlinie 85/577 EU über Handel ausser Geschäfts, Richtlinie 94/47/EU über das Timesharing, 97/7/EU über Verträge unter Abwesenden), die sich durch die Rechtsharmonisierung der Europäischen Union auch in der Ungarischen Regelung widerspiegeln;

f)      auf der Grundlage von § 200 Absatz (1) ZGB (der Vertragsinhalt von den Parteien frei festgelegt werden kann. Von den Bestimmungen über die Verträge kann im gegenseitigen Einvernehmen abgewichen werden, sofern die Abweichung nicht durch eine Rechtsvorschrift verboten wird.”), im Sinne der Typenfreiheit diese Vereinbarungen – unter Einhaltung des Verbots eines Verstosses gegen die Rechtsvorschriften - mit beliebigem Inhalt getroffen werden können. Auch für sie sind die allgemeinen Vorschriften über die Verträge (ZGB; Teil vier; Abschnitt I.) massgeblich;

g)    zwar für einen Teil der atypischen Verträge (Syndikatsvertrag, Franchise-Vertrag, Operating Leasing-Vertrag) keine Formvorschrift besteht, während ein anderer Teil (selbständiger Handelsvertretervertrag, Konsortsvertrag, Timesharing-Vertrag, Konzessionsvertrag, Factoringvertrag, Finanzierungs- Leasingvertrag) den Rechtsvorschriften entsprechend in Schriftform zu fassen ist. Die Praxis bricht konsequent eine Lanze für die Schriftform: nicht unbedingt als Gültigkeitsbeleg, sondern eher wegen der Rolle der Sicherheit und Beweisbarkeit;

h)    das Bestreben um ausführliche und genaue schriftliche Formulierungen die Anwendung der Allgemeinen Vertragsbedingungen und die Benutzung von Blankoverträgen mit sich brachte;

i)       an dem einen Pol der atypischen Verträge - als Vertragspartner - im allgemeinen eine Wirtschaftsorganisation (ZGB § 685, Punkt c), oder eine Unternehmung entsprechend dem Verbraucherschutzgesetz (Gesetz CLV/1997, § 2, Punkt b)) erscheint, aber mit dem immer ausgedehnter und komplexer werden des Geschäftslebens können auch beide Subjekte des Vertragsverhältnisses Wirtschaftsorganisationen oder Unternehmungen sein (z.B.: bei Verträgen unter Abwesenden, bei Factoringverträgen, beim Franchise-Vertrag);

j)       die atypischen Vereinbarungen längerfristige Marktverbindungen regeln, demgemäss richten sie sich im allgemeinen auf ein dauerhaftes Rechtsverhältnis (ausser: Verträge unter Abwesenden, ambulanter Handel).

Die Verwendung des Ausdruckes „atypisch” ist ansich bei der Regelung der Verträge nicht neu: in den 20-er bis 40-er Jahren des 20sten Jahrhunderts wurde dieser oder die Kategorie „nicht typisiert” schon verwendet (siehe László Villányi[2]). Die Verbindlichkeiten, die auf eine von den, entsprechend der Vertragseinteilung des Römischen Rechts institutionierten Formen abweichende Rechtsbasis zurückzuführen waren, wurden als nicht bezeichnete/innominat/nicht typisierte/atypische Verträge qualifiziert. Hierher wurden unter anderen die Lizenz-Verträge, die Syndikatsvereinbarungen, der Trödelvertrag, die Tarifverträge, die verschiedenen Kompensationsverträge eingeordnet. Der Inhalt dieser Verträge wurde über die im allgemeinen Teil des Schuldrechts der Gesetzesvorlage zum Zivilrecht über den Konsens der Parteien herausgebildet[3].

 

2. Die Zuordnung der atypischen Verträge

 

Der Sammelbegriff „atypische Verträge” wird von der Rechtsliteratur mit verschiedenen Inhalten erfüllt,

a)   In der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts ist eine Gruppe der nicht bezeichneten Verträge im Gesetzbuch – neben den gemischten Verträgen – die der unbezeichneten (oder als synonyme Bestimmung innominaten/atypischen) Verträge (siehe: Villányi/László Fürst)[4];

b)  György Bíró[5] entwickelte hinsichtlich dieses Begriffes die folgende Vertragsklassifizierung: im ZGB aufgeführte Vereinbarungen, in sonstigen Rechtsvorschriften benannte Verträge (Lizenzvertrag), in Rechtsvorschriften vorkommende Innominat-Verträge (Privatisierungsleasing), in Rechtsvorschriften nicht aufgeführte, häufig auftretende (atypische) Verträge (Syndikatsvertrag) und gemischte Verträge, die auch den atypischen zugeordnet werden können (Leasingvertrag, Lagerungsvertrag);

c)  Péter Miskolczi Bodnár[6] verwendet eine im weiten Sinne gemeinte „atypische” Kategorie: hierher reiht er die Innominate, die gemischten und die benannten atypischen Vereinbarungen;

d)  Nach der Klassifizierung von Tibor Nochta[7] können wir über die im ZGB benannten Verträge hinaus in sonstigen Rechtsvorschriften benannte (Leasingvertrag, Factoringvertrag), in Rechtsvorschriften nicht benannte (Syndikatsvertrag, Franchise-Vertrag), sowie in der richterlichen und anwältlichen Praxis anerkannte (Konsortien schaffende) Verträge unterscheiden;

e)   Ildikó Osváth[8] unterscheidet zwischen den Untertypen der kodifizierten Verträge (z.B.: die besonderen Arten des Kaufs und Verkaufs, des Versandhandels und des Handels ausser Geschäfts) und neue Verträge (Dealer-, Distributeurverträge);

f)    Rita Szudoczky[9] stellt innerhalb des (im Gesetz nicht geregelten) Innominatvertrages gemischte und atypische Vereinbarungsgruppen auf; wobei die atypischen sui generis Verträge in Unterarten im weiteren Sinne (deren Sachverhaltselemente wenigstens teilweise nicht ins Gesetz gefasst sind) und im engeren Sinne (die sich ausschliesslich aus vom Gesetz nicht geregelten Sachverhaltselementen zusammensetzen) eingeteilt sind.

Von uns wurde eine von den dargestellten Ansichten abweichende Einteilung hinsichtlich der atypischen Verträge entwickelt, die wir nachstehend ausführen.[10]

Zur Qualifizierung eines Teils der modernen Verträge wurde die Kategorie „gemischter Vertrag” (contractus mixtus) erarbeitet. In diese Klasse gehören jene Vereinbarungen, die Leistungen mehrerer benannter Verträge in verschiedener Form enthalten:

a)    Es handelt sich entweder um einen typenvereinenden Vertrag (z.B.: Kauf und Verkauf gemischt mit Schenkung), wo sich Elemente anderer Verträge vermischen, das heisst, nicht festgestellt werden kann, nicht getrennt werden kann, welche Verfügung welchem Vertrag zugeordnet werden kann;

b)   Oder wir sprechen von einem Typenkombinations-Vertrag (z.B. Theatervertrag), wo Kennzeichen anderer Verträge sich nicht vermischen, sondern in einem neuen Vertrag trennbar und indentifizierbar gemischt sind; siehe die Entscheidung LB Gfv. IX. 30.018/2005, in der das Oberste Gericht die im Falle des Bruches eines Vertrags des gemischten Typs, - der Werks-, Auftrags- und Leasingelemente enthält - anwendbaren Rechtsfolgen nach Vertragstypen getrennt festgestellt hat; ebenfalls als typenkombinierter gemischter Vertrag gilt eine Vereinbarung zur Nutzung eines Computerprogrammes (Software), die sowohl Werks-, Miet-, Pacht-, und Leasing-Vertragselemente enthält und der Gegenstand eines Rechtsstreites darüber entscheidet, die Vorschriften welchen Vertrages bei der Beurteilung maßgeblich sind (z.B. im Zusammenhang mit der Softwarenutzung sind die Regelungen der Miete anzuwenden) (Tafelgericht der Haupstadt 5. Pf. 21 373/2006/3.);

c)    Oder der Vertrag ist auf eine vollkommen eigenartige Dienstleistung gerichtet (z.B. eine Vereinbarung zur Erfüllung von „Hausmeister”tätigkeiten; auf bestimmte Zeit geschlossener, gemischter Untermietsvertrag mit einem Auftragsvertrag zur Aushängung von Plakaten – OG LB Pfv. XI. 20.314/2006; ein zur Einführung, Nutzung und Betreibung eines Parksystems geschlossener Vertrag, der auch Anwender- und Pachtelemente beinhaltet, eine gemischte Vereinbarung, die ein dem Franchise-Vertrag ähnliches komplexes Rechtsverhältnis abdeckt - SZIT-H-GJ-2008-89.), aber in anderen Charakteristika keine Besonderheiten bietet, nicht von den Verträgen im ZGB abweicht.

Die atypischen Verträge lassen sich wegen der unter Punkt 1 aufgezeigten Charakteristika – nicht bedenkenlos – in eine der Unterarten der gemischten Verträge einordnen. Die atypischen Verträge bilden eine eigenständige, sui generis Vereinbarungen-Gruppe, da sie alle Typen der gemischten Verträge, oder auch keinen einverleiben; die gemischten Verträge und die atypischen Verträge sich also keine identischen Kategorien: die atypische Gruppe ist (die Verschmelzung mehrerer gemischter Typenarten) und anders (zur gleichen Zeit nicht in diese Arten einreihbar).

Die Innominat-Verträge gehören nicht zu den atypischen Verträgen. Diese Verträge treten im allgemeinen unter dem Titel „Vereinbarung” auf, regeln kein anhaltendes Rechtsverhältnis, sondern decken einmalige (nicht regelmässig vorkommende) spezielle Rechtsgeschäfte ab. Von den atypischen Verträgen abweichend haben diese keine Bezeichnung, sind nicht so verbreitet, sondern individuelle, Ausnahme-Verträge ohne normative Regelung. Durch Anwendung der gemeinsamen Regeln, die sich auf ZGB-Verträge beziehen, können die aus Innominat-Verträgen herrührenden Rechte und Verpflichtungen geregelt werden; siehe als Beispiel OG LB Pfv. I/A. Nr. 20.446/2001. (im Zusammenhang mit einer Vereinbarung die dem Servitut nahesteht, aber nicht als Nutzpacht eingeordnet werden kann).

Auch die im Teil „Einzelne Verträge” des ZGB geregelten, sog. benannten Verträge sind auch nicht atypisch, da ja gerade diese die typischen Verträge sind, zu denen wir die im Alltag geschaffenen neuen Vereinbarungen ins Verhältnis setzen.

Aufgrund der Ausführungen in den ersten beiden Punkten ordnen wir die nachfolgenden Verträge den atypischen zu: Syndikatsvertrag, Vertrag unter Abwesenden, Handel ausser Geschäfts, selbständiger Handelsvertretervertrag, Timesharing-Vertrag, Konsortsvertrag, Konzessionsvertrag, Lizenzvertrag, Franchise-Vertrag, Leasing-Vertrag und Factoring-Vertrag.

 

3. Neue Tendenzen auf dem Gebiet der atypischen Verträge

 

Der Kreis der atypischen Verträge ist in mehrfacher Hinsicht unabgeschlossen: einerseits besteht die Möglichkeit, dass die atypischen Vereinbarungen durch die – mögliche – Eingliederung in die benannten Verträge auf Kodex-Niveau gezogen werden, andererseits erfordern die sich ständig ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstände die Regelung der neuen Rechtsverhältnisse durch Verträge. Sofern die wesentlichen Züge der die neuen Erscheinungen abdeckenden Vereinbarungen den Gruppenkriterien der atypischen Verträge entsprechen, lassen sie sich – nach einer längeren Periode der „Herauskristalisierung” – in diese Vertragskategorie einreihen. Nachstehend stellen wir zwei Verträge kurz vor, die nach unserer Meinung nach einem einige Jahre dauernden Festigungs- und Verwurzelungsprozess einmal zu den atypischen Verträgen gehören werden.

3.1. Der Behandlungsvertrag[11]

Die Bezeichnung des Vertrages stammt vom angelsächsischen treatment contract und dem im deutschen Sprachraum üblichen Behandlungsvertrag. In der von der Forschungsgruppe Europäisches Bürgerliches Gesetzbuch (Study Group of European Civil Code) erarbeiteten Vorlage (Principles of Law; PEL) wird der Behandlungsvertrag unter die Dienstleistungsverträge (Service Contracts) eingeordnet[12].

Dem Begriff zufolge ist der Behandlungsvertrag eine Vereinbarung, auf deren Grundlage der medizinische Dienstleister unter Einhaltung der fachlichen Gewohnheiten und Praxis (Protokoll), der ethischen Regeln sowie der Richtlinien mit der von Teilnehmern an der medizinischen Versorgung allgemein zu erwartenden Fürsorge dem die medizinische Versorgung in Anspruch Nehmenden/der natürlichen Person, der diese zugute kommt, eine medizinische Dienstleistung reicht. Ziel des Behandlungsvertrages ist die Reichung der medizinischen Dienstleistung entsprechend den Interessen und dem Willen des Patienten/Inanspruchnehmers (Tafelgericht Szeged Pf. III. 20 308/2007.). Die Subjekte des Behandlungsvertrages sind einerseits der medizinische Dienstleister (eine Privatperson, juristische Person oder Organisation ohne juristische Person, die über eine, zur Reichung der medizinischen Dienstleistung berechtigende, von der Medizinischen Behörde ausgestellte Genehmigung verfügt; Gesetz über das Gesundheitswesen CLIV/1997. § 3, Punkt f), andererseits der Inanspruchnehmer der medizinischen Dienstleistung (die im alltägliche Sinne benutzte Bezeichnung „Kranker” ist nicht genau: eine zur obligatorischen Reihenuntersuchung gehende/eine Schutzimpfung erhaltende/gebärende natürliche Person kann nicht im engsten Sinne des Wortes als Kranker betrachtet werden). Der direkte Gegenstand des Behandlungsvertrages ist die Reichung beziehungsweise Inanspruchnahme einer medizinischen Dienstleistung, der indirekte Gegenstand die medizinische Dienstleistung.

Nach der Untersuchung des Inhalts des Behandlungsvertrages lassen sich bezüglich der Rechte und Verpflichtungen des medizinischen Personals (hauptsächlich des Arztes) und der Kranken folgende allgemeine Feststellungen machen:

- diese stehen miteinander in Korrelation (was seitens des Arztes eine Verpflichtung und seitens des Kranken ein Recht darstellt; zum Beispiel die Verpflichtung zur Information – das Recht auf Information);

- die einzelnen Rechte werden einander ergänzend verwirklicht (zum Beispiel das Recht zur Inanspruchnahme der medizinischen Versorgung – das Einwilligungsrecht);

- eine Verpflichtung ist die Voraussetzung der Ausübung bestimmter Rechte (zum Beispiel die Dokumentationspflicht, die Datenschutzpflicht – die personenbestimmten Rechte). Auf der Grundlage des Behandlungsvertrages steht dem Kranken das Recht zur medizinischen Versorgung zu – welches ein Verfassungsgrundrecht ist – in dessen Sinne jeder Kranke das Recht auf eine durch seinen medizinischen Zustand begründete, kontinuierliche, entsprechende, von Diskriminierung freie Versorgung, auf Linderung seiner Schmerzen, Verringerung seiner Leiden (Gesetz über das Gesundheitswesen § 6, § 7, Absatz (1)) hat. Als Unterrechte zum Recht auf medizinische Versorgung treten das Recht des Kranken auf freie Wahl des Arztes und das Recht auf Inanspruchnahme der Untersuchung durch einen anderen Arzt auf. Das Recht des Kranken auf medizinische Versorgung wird auf der Seite des Arztes als Versorgungspflicht realisiert, und nur in im Gesetz über das Gesundheitswesen festgelegten Fällen kommt dem Arzt das Recht zur Verweigerung der Untersuchung bzw. der Behandlung zu; sofern der medizinische Dienstleister seine Versorgungspflicht nicht den Rechtsvorschriften entsprechend erfüllt, trägt er die Verantwortung für die daraus resultierenden Folgen (Entscheid EBH 1419/2006.). Der Kranke entscheidet aufgrund des ihm zustehenden Selbstbestimmungsrechts, ob er von seinem Recht auf medizinische Versorgung Gebrauch macht: nimmt er die medizinische Dienstleistung (ganz/teilweise) in Anspruch oder lehnt er sie ab. Zur entsprechenden Ausübung des Selbstbestimmungsrechts ist es unabdinglich, dass der Arzt sein mit der Auswahl der Untersuchungs- und Therapiemethoden zusammenhängendes Recht zur Geltung bringt: Aufgrund seiner Fachkenntnis macht er dem Kranken einen Vorschlag zur Untersuchung/Behandlung, der seine Meinung dazu kund tut. Das Selbstbestimmungsrecht hängt auch eng mit dem Recht des Kranken auf Information zusammen: der Arzt ist verpflichtet den Kranken – unter anderen – über seinen Gesundheitszustand, die empfohlenen Untersuchungen und Eingriffe, deren Vorteile, die Folgen des Ausbleibens, die Risiken, den Verlauf der Versorgung und den zu erwartenden Ausgang, die möglichen alternativen Verfahren zu unterrichten. Die Auskunftspflicht belastet den Arzt nicht, wenn der Kranke auf sein Recht zur Information verzichtet, oder er mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Kranken das Zurückhalten bestimmter Informationen beschliesst (Gesetz über das Gesundheitswesen §1 35. Absatz (1)). Ein Unterrecht des Rechts auf Information ist die Berechtigung des Kranken die über ihn geführte medizinische Dokumentation kennenzulernen; Einsichtnahme in die Dokumentation und Anforderung der damit zusammenhängenden Information kann nur durch die Erfüllung der Dokumentationspflicht des medizinischen Dienstleisters zur Geltung gebracht werden. Die Dokumentationspflicht geht mit der Geheimhaltungspflicht des Arztes (der Kranke kann eine Befreiung davon geben, oder eine Rechtsvorschrift kann eine Datenlieferungspflicht vorschreiben) und dem Datenschutz (aufgrund des Datenschutzgesetzes gelten Daten im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand als besondere und verstärkt geschützte Daten; Gesetz LXIII/1992. § 2. Punkt 2. b) einher. Für die vom medizinischen Dienstleister gereichte Versorgung trifft den Kranken eine Gegenleistungspflicht (im Falle einer Privatpraxis/Privatklinik direkt, bei staatlichen Institutionen indirekt aus den Einzahlungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer).

Der Behandlungsvertrag ist eine konsensuelle, entgeltliche zwei- (oder z.B. bei einer Organverpflanzung mehr-)seitige Vereinbarung mit facere Charakter, die mündlich/schriftlich/durch konkludentes Verhalten abgeschlossen werden kann. Bei der Prüfung der Position des Behandlungsvertrages unter den Verträgen kommen von den im ZGB benannten Verträgen der Auftrags- und der Werkvertrag in Frage:

- die für den Auftragsvertrag charakteristische Pflicht des Beauftragten zum persönlichen Vorgehen und das Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem einerseits, die begrenzte Möglichkeit der Wahl der Institution andererseits werden beim Versorgungsvertrag durch die Umwandlung der medizinischen Versorgung in eine Dienstleistung nicht unbedingt erfüllt: der Kranke kann sein Selbstbestimmungsrecht (und nicht Anweisungsrecht) nur dann in der Sache geltend machen, wenn der über Fachverstand verfügende Beauftragte (Arzt) seiner Auskunftspflicht genüge tut;

- der Ergebnispflichtcharakter des Werkvertrags kann nicht bei jedem Behandlungsvertrag auftreten (bei Zahnersatz ja, Zentrales Bezirksgericht Pest PKKB 31. P. 89.625/1994.; Hauptstädtisches Gericht Fõv. Bír. 41. Pf. 21.853/1997.; des weiteren bei Verschönungseingriffen, bei Schwangerschafts-unterbrechungen und Sterilisierungsverfahren, jedoch bei Herzverpflanzungen, Schädeloperationen dominiert bereits der Fürsorge-Charakter). Der Behandlungsvertrag lässt sich in keine Unterart der gemischten Verträge einordnen:

- er kann nicht als Typenkombinationsvertrag eingestuft werden, da sich schwer bestimmen lässt, welche Vertragstypen darin vermischt werden (bei einer Krankenhausbehandlung treten neben den Auftrags- und Werkvertragselementen auch Elemente von Miet-, Hinterlegungs- öffentlichen Versorgungsverträgen usw. auf);

- er ist nicht typenvereinend, weil keine Vermischung der Vertragelemente beobachtet werden kann: je nach der Art der medizinischen Versorgung ändern sich die Charakteristika, die bei dem Versorgungsvertrag bestimmend werden;

- der Behandlungsvertrag richtet sich immer auf eigentümliche Dienstleistungen, die sich je nach medizinischer Versorgung ändern (siehe: Unterschied zwischen Operation – Lungenröntgen) und lassen sich so nicht auf eine spezielle Dienstleistung beschränken. Unserer Meinung nach ist der Behandlungsvertrag ein im ZGB nicht benannter, eigenständiger, sui generis, atypischer zivilrechtlicher Vertrag, der über sämtliche der in Punkt 1 der vorliegenden Arbeit ausgedrückten Gruppenkennzeichen verfügt (siehe noch: Komitatsgericht Csongrád (Csongrád Megyei Bíróság) 2. Pf. 22 340/2007.; BDT 2008. 36.).

5.2. Der Merchandising-Vertrag[13]

Das Wort „merchandising” (in Deutschland ist der Begriff „Vermarktung” gebräuchlich) bedeutet Handel/Vertrieb/Promotion des Verkaufs von Waren. Das Merchandising ist gleichermaßen eine Rechtsinstitution und eine wirtschaftliche Erscheinung: ein Mittel der Werbung und des Marketing. Im ökonomischen Sinne bedeutet Merchandising die Gestaltung des Geschäfts, die Einrichtung der Lokalität, die Warenvorführung, die Dekoration, die Auswahl, die Personalpolitik, die Verpackung, die Werbung und den Kaufanreiz so zu synchronisieren, dass es den Ansprüchen und Erwartungen der betreffenden Kundenzielgruppe entspricht. Aus rechtlicher Sicht wird Merchandising als Übernahme des Erscheinungsbildes/Übergabe des Imago/Imagetransfer/Übertragung des Erscheinungsbildes qualifiziert; im weiteren wird von uns letzterer Begriff verwendet. Das Wesen des Merchandisings ist die sekundäre Verwendung: es bedeutet die Nutzung eines bereits zu Bekanntheit und Akzeptanz gelangten Erscheinungsbildes auf einem anderen Gebiet.

Für den Begriff des Merchandising-Vertrages finden wir drei Bestimmungen: die enggefasste Kategorie der Sachverständigenkörperschaft für Urheberrecht, die Definition des Vertrages über die Übertragung des Erscheinungsbildes des Sportgesetzes und die Auslegung der Internationalen Vereinigung für Industrierechtschutz (AIPPI)). Der Sachverständigenkörperschaft zufolge (Expertise Nr. 13/2003.) ist das Wesen des Vertragsverhältnisses die Verwendung der charakteristischen Form und weiterer Elemente der urheberrechtlichen Werke zur Steigerung des Absatzes anderer Werke, Waren und Dienstleistungen. Auf der Grundlage des Vertrages über die Übertragung des Erscheinungsbildes im Sportgesetz benutzt der Verwender gegen Entgelt zur Beeinflussung der Verbraucher im Rahmen der Marketingtätigkeit den Namen, das Bildnis des Sportlers beziehungsweise den Namen, das Abzeichen der Sportorganisation, des Sportverbandes, der Sportgemeinschaft, bzw. andere mit der Sporttätigkeit zusammenhängende ideelle Werte auf Werbetafeln, Schmuck- und Geschenkgegenständen, Bekleidung, anderen Gegenständen sowie auf elektronischem Wege (Gesetz I/2004. § 35). Auf der Grundlage des Standpunktes der Internationalen Vereinigung für Industrierechtschutz hat der Kontrakt den Charakter eines Verwendungsvertrages, in dessen Rahmen Symbole, Schutzmarken, Teile urheberrechtlicher Schöpfungen, die äussere Erscheinung wahrhafter oder imaginärer Personen verwendet werden, um den Verkauf der Waren, die Reichung der Dienstleistung zu fördern (vorausgesetzt, dass die fraglichen Zeichen nicht ihrer ursprünglichen Funktion entsprechend, sondern zum Verkauf von Waren und Dienstleistungen durch die allgemeine Bekanntheit und Anziehungskraft der fraglichen Figuren verwendet werden).

Wir stimmen mit der am weitesten gefassten der drei begrifflichen Annäherungen überein, weil diese auch die beiden anderen engeren Bestimmungen einbegreift: auch der von der Internationalen Vereinigung für Industrierechtschutz geschaffene Begriff beschäftigt sich mit den Teilen der Urheberwerke und imaginären Personen, weiters gehört der Sportler zur Kategorie natürliche Person und Name/Abzeichen von Sportorganisation/Sportverband/Sportkörperschaft entsprechen im weiteren Sinne dem Begriff Symbol/Schutzmarke.

Zweck des Abschlusses des Merchandising-Vertrages ist die Käufer auf dem Markt durch die Benutzung des Namens, des Bildnisses berühmter Personen, imaginärer Figuren/Zeichentrickfiguren/Roman-, Märchenfiguren/Schutzmarken usw. zu beeinflussen: sie zum Kauf zu bewegen. Die Verkaufsförderung, die Steigerung des Warenabsatzes basiert auf der positiven Beurteilung der benutzten Personen/Zeichen und dadurch wird das Merchandising zur effektiven Methode der Produkt-/Dienstleistungs-/Werbung (die Kosten der Markteinführung können durch Imageübernahme verringert werden). Der Umsatz der Unternehmen, die das Merchandising anwenden, steigt, sie erzielen Mehreinnahmen und werden zu Vorreitern des Konkurrenzkampfes indem sie die rechtliche Konstruktion immer weiter ausnutzen. Die von dem Merchandising – als Marketingmittel – am häufigsten betroffenen Bereiche sind: Bekleidungs- und sich anschliessende Modeartikel (z.B. Gucci-Tasche, Benetton-T-Shirt), Presseerzeugnisse und Schreibwaren (z.B. Ansichtskarte mit Hello Kitty), Unterhaltung (z.B. Werbung für ein Konzert mit Hilfe einer bekannten TV-Persönlichkeit), Geschenk- und Ziergegenstände (z.B. Winnie Puh-Becher), Produkte der Nahrungsgüterindustrie (z.B. Rozi Horváth-Gewürzmischung), Einrichtungs- und Haushaltsartikel (z.B. Tiffany-Lampe), Sportartikel und Sportausrüstung (z.B. wirbt Roger Federer für Nike Sportkleidung), Spiele (z.B. Harry Potter Gesellschaftsspiel), Gesundheits- und Schönheitspflegemittel (z.B. Penélope Cruz als L’Oréal-Gesicht) und elektronische Massenartikel (z.B. bewirbt Tiger Woods TAG Heuer Uhren).

Subjekte des Merchandising-Vertrages sind der Verwender (Merchandiser), der zur Verbesserung der Verkäuflichkeit seiner Ware/Dienstleistung eine Übertragung des Erscheinungsbildes verwendet, und der Berechtigte, der der gewerblichen Nutzung des Namens/Bildnisses/Teile seines/r urheberechtlichen Werkes/Firmennamens/Schutzmarke/ Warenzeichens/Logos (einer natürlichen Person, Rechtsperson, Wirtschaftsgesellschaft ohne Rechtsperson) zustimmt.

Der direkte Gegenstand des Merchandising-Vertrages ist der an den indirekten Vertragsgegenstand angeschlossene Gebrauch und die Ausnutzung des Goodwill/Image. Der indirekte Gegenstand kann ein Persönlichkeitsrecht sein (Name/Bildnis einer lebenden/historischen Person, Firmenname einer nicht natürlichen Person), Bezüge einer imaginären Person (Name, Stimme, Abbildung, mehrdimensionale Reproduktion, siehe: Spiderman, Rambo), Schutzmarke, Abbildung, Emblem (z.B. einer Sportvereinigung), Firmenname, Teile Urheberrechtlicher Werke (Tierfiguren aus Zeichentrickfilmen, eine Melodie, Buch-/Filmtitel usw.) und Prestige (z.B. T-Shirt mit dem Namen und Wappen einer berühmten Universität).

Eines der wichtigsten Elemente des Inhalts des Merchandising-Vertrags ist die Verwendung des Erscheinungsbildes, wofür entweder keine Zustimmung benötigt wird (z.B. Werbung für das Kaiser Bier) oder eine Zustimmung benötigt wird (z.B. die Verwendung des Bildnisses einer lebenden Person, Genehmigung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften zum Namen einer historischen Person). Es ist auch eine sogenannte Eigenverwendung vorstellbar. Dann weitet eine Unternehmung ihr Erscheinungsbild (goodwill) auch auf andere Bereiche aus (z.B. ein Restaurant bringt Weine mit seinem Namen in Umlauf). Der andere wesentlichste inhaltliche Bezug des Merchandising-Vertrages ist der Rechtsschutz des Berechtigten einerseits gegenüber einer unrechtgemäßen Übertragung des Erscheinungsbildes, andererseits gegenüber der Verwendung des Image/Goodwill ohne Rechtstitel und Rechtsgrundlage (d.h. ohne eine Merchandising-Vereinbarung) durch Konkurrenten des Vermarkters. Das Recht sichert zur Regelung dieser Problemkreise zahlreiche und vielfältige Schutzmittel:

- Die Vorschriften des ZGB zum Persönlichkeitsschutz (Gesetz IV/1959. §§ 77-80, §§ 84-85),

- die Anordnungen des Schutzmarkengesetzes (Gesetz XI/1997 § 5. Absatz (1) Punkt. a) , § 7, § 12. Absatz (2), § 27),

- die Regeln des Urheberrechtsgesetzes (Gesetz LXXVI/1999. § 16),

- der Abschnitt des Sportgesetzes (Gesetz I/2004, § 35),

- die Norm des Pressegesetzes (Gesetz II/1986, § 3. Absatz (1),

- die Bezüge des Werbungsgesetzes (Gesetz XLVIII/2008. § 9, Absatz (2), § 10, § 12,    § 13, § 14, § 18, § 19, § 20),

- der Sachverhalt des Anhangs des Gesetzes über das Verbot der unlauteren Handelspraxis gegenüber dem Verbraucher (Gesetz XLVII/2008 Anhang Punkt 3),

- die Paragraphen des Wettbewerbsgesetzes (Gesetz LVII/1996 § 8; sekundärer Schutz, weil die Möglichkeit des Auftretens gegenüber dem Konkurrenten des Merchandisers geregelt wird).

Der Merchandising-Vertrag ist eine heterogene und komplexe Rechtsinstitution, deren Qualifizierung durch den Charakter des vermittelten Gegenstandes beeinflusst wird: er kann Elemente von Verlegerverträgen, Verfilmungsverträgen, Verträgen über die Verwendung bildgrafischer Schöpfungen, Verträgen über die Verwendung gebrauchsgrafischer Werke, Werbeverträgen, Sponsorenverträgen, Verträgen über die Übertragung des Erscheinungsbildes, Lizenzverträgen, Franchise-Verträgen, Verträgen über die Verwendung von Handels/Firmennamen gleichzeitig oder gesondert enthalten. Darausschliessend sind wir der Meinung, dass der Merchandising-Vertrag aufgrund seines veränderlichen und speziellen Gegenstandes, Inhalts (ähnlich dem Behandlungsvertrag) ein entgeltlicher atypischer Vertrag ist, der auch über die unter Punkt 1 dieser Studie beschriebenen Charakteristika verfügt.

 

4. „Scheinbar atypische” Verträge[14]

 

Unter die „scheinbar atypischen” Verträge ordnen wir die Kontrakte, die aufgrund der Bezeichnung und der Formulierung des Inhaltes der Vereinbarungen den Anschein erwecken, als entprächen sie einigen Gruppenkennzeichen des atypischen Vertrages (z.B. Name fremden Ursprungs; scheinbar gehören sie nicht zu den im ZGB benannten Verträgen; die Rolle der ausländischen Praxis bei der Adaptierung in Ungarn; die Anwendbarkeit der gemeinsamen Regeln der Verträge; sie werden hauptsächlich für den Aufbau eines dauerhaften Rechtsverhältnisses zwischen Wirtschaftsorganisationen geschlossen); in der Realität sind sie entweder als gemischte Verträge einzuordnen, oder entsprechen einem benannten Vertrag. Bei der Feststellung des Typus eines Vertrages ist nicht die von den Parteien festgelegte Bezeichnung und der Sprachgebrauch der Parteien bestimmend, sondern es muss vom Inhalt der Vereinbarung und deren begrifflichen Elementen ausgegangen werden. Diesen Kriterien entsprechend erfolgt die schematische Zuordnung des Distributoren-, Dealer-, Outsourcing- und Inverstitionsvertrages.

Im Rahmen des Distributor-Vertrages[15] kauft der Distributor vom Hersteller unter Beschränkung seiner Einkaufs- und Vertriebsmärkte auf ein festgelegtes geografisches Gebiet, und vertreibt für den ihm gewährten Preisnachlass das auf seinen Namen und zu seinen Gunsten gekaufte Erzeugnis auf der Grundlage eines Rahmenvertrages, der auf ein dauerhaftes Rechtsverhältnis abzielt (Vb/01103; DCFR: Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law). Als Synonym von Distributor werden auch die Begriffe Importeur, Weiterverkäufer, Verkäufer, Provider und Markenhändler benutzt. [4/2009. (III.17.) EüM rendelet; 104/2007.VJ; 81/2006.VJ; 26/2006.VJ; 21/2006.VJ; 154/2004.VJ; 60/2004.VJ; VEF 2007.2.; BDT 2007. 1533.] Der Distributor-Vertrag bezieht sich also auf den Kauf und Verkauf eines bestimmten Erzeugnisses, stimmt demnach mit dem Kaufvertrag (bzw. der Kaufkette) laut ZGB überein. Der Distributor ist ein Händler, der sich geschäftsmässig mit dem Kauf und Verkauf von Waren beschäftigt. Unsere Feststellung wird auch durch die Entscheidung des Tafelgerichts Szeged (Gf. I. 30 332/2007.; BDT 2008. 69.) unterstützt: zwischen dem ausländischen Hersteller und dem einheimischen ungarischen Verkäufer kommt kein Kommissionsvertrag zustande, wenn der Verkäufer die Erzeugnisse mittels Kaufvertrag kauft und im weiteren als Artikel aus dem eigenen Warenbestand an weitere Weiterverkäufer, Verbraucher weiterverkauft; der Nutzen des Handelsgeschäfts wird durch die angewandte Preisspanne abgedeckt.

Der Inhalt des Dealer-Vertrags kann einerseits mit den wesentlichen Eigenheiten des Distributor-Vertrages übereinstimmen: er kann auch auf Markenhändlertätigkeit [das Urteil des erstinstanzlichen Europäischen Gerichtes in der Sache Fiatagri UK Ltd und New Holland Ford Ltd kontra Kommission der Europäischen Gemeinschaften (T-34/92.); das Urteil des erstinstanzlichen Europäischen Gerichtes in der Sache John Deere Ltd kontra Kommission der Europäischen Gemeinschaften (T-35/92.), 51/2005. VJ; 292/1996. VJ; 24/1995. VJ] und Durchführung von Weiterverkauf (26/2006. VJ; 2/2003. VJ) gerichtet sein. Andererseits kann der Dealer-Vertrag auch gleichzeitig für ein Rechtsverhältnis mit Kommissions-/Vertreter – und Vertriebsinhalt abgeschlossen werden (5/2004. VJ). Drittens kann auch vorkommen, dass der Dealer das Erzeugnis vom Hersteller kauft und dazu mit dem Verbraucher einen Liefervertrag abschliesst (1998/150. Steuerfrage). Demzufolge deckt der Dealer-Vertrag entweder Kaufverträge oder Kommissionsverträge bzw. mit einem selbständigen Handelsvertretervertrag gemischten Kauf (mit dem eventuell auch Depositenelemente kombiniert sein können), oder mit Kauf vermischten verzögerten Kauf ab.

Der Outsourcing-Vertrag[16] kommt zustande, wenn eine Wirtschaftsorganisation eine vollständige Dienstleistung (Tätigkeitsbereich) oder einen grossen Teil davon einem aus Eigentümer- und Führungssicht unabhängigen externen Unternehmer anvertraut, wobei die möglicherweise vorhandenen internen Kapazitäten abgebaut werden. Der Grund für die Auslagerung kann die Senkung der Kosten, Ziel die Steigerung der Effektivität des Betriebes, Konzentration auf die Haupttätigkeit und das Erreichen eines höheren Leistungsniveaus sein. Der Outsourcing-Vertrag kann geschlossen werden zur Auslagerung der Verarbeitung, für Anwendungsleistungen, für Anwendungsmanagement, zur Auslagerung von System-Infrastruktur, zur Auslagerung von Infrastruktur, zur Systemauslagerung, zur Auslagerung von Betriebsabläufen, zur Auslagerung von Geschäftsstrategie usw. (87/2006. VJ; 176/2005. VJ; 40/2005. VJ; 15/2003. VJ; 98/2002. VJ; 167/2001. VJ). Unserer Meinung nach ist der Outsourcing-Vertrag als ein mit einem Auftrag gemischter Werkvertrag zu qualifizieren: auf der einen Seite trägt das Anweisungs- und Kontrollrecht, auf der anderen Seite das Bestreben nach einem sorgfältigen Verfahren während der Erfüllung der aufgegebenen Sache das Auftragselement in sich, während der Werkscharakter in der Reichung der Dienstleistung (bei der Schaffung eines anderen durch Arbeit erreichbaren Ergebnisses) zu finden ist.

Im Hintergrund der Investitionsverträge findet sich immer ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel: das Streben nach Einsparung, Mehreinnahmen oder Nutzenziehung; die wirtschaftliche Absicht der Vertragsparteien kann jedoch durch Verträge unterschiedlichsten Typs erreicht werden (BH 2007.17.). Und aus juristischer Sicht ist von Bedeutung, in welcher rechtlichen Form, im Rahmen welches benannten Vertrages dies abgewickelt wird (BDT 2001. 398.). Wir stimmen mit Gyöngyi Harsányi[17] überein, dass ein Unterschied zwischen den Verträgen in der Hinsicht gemacht werden muss, ob der Investor die Investitionsaktivität persönlich durchführt oder ob er die Durchführung der Investitionen von einer darauf spezialisierten Unternehmung durchführen lässt. Sofern eine „persönliche Investition” erfolgt, können wir im juristischen Sinne nicht von einem Vertrag „mit Investitionsziel” – als benanntem, selbständigen (sui generis) Vertragstypus sprechen: die wirtschaftliche Absicht wird durch existierende Vertragstypen realisiert, so wie dem Darlehensvertrag/Einlagevertrag/mit Wertpapiergeschäften/mit Börsengeschäften/mit Kaufverträgen/mit Versicherungsverträgen/mit Gesellschaftsbeteiligungsverträgen usw. (Tafelgericht Szeged Pf. I. 20 057/2005.). Ist der direkte Gegenstand der Vereinbarung eine Investitionsleistung, die von einer darauf spezialisierten Unternehmung ausgeführt wird, so handelt es sich unserer Meinung nach um einen typenkombinierten gemischten Vertrag: darin scheint der Charakter des Auftrags (Anweisung, Kontrolle, sorgfältiges Vorgehen, Portfolioverwaltung, Kontenführung), Kommissions-/selbständiger Handelsvertreter-, innerhalb dieser Effektenbörsen-, Wertpapieranlage-, Immobilienmakler, Bausparkassen- und Versicherungsagent, (Geschäftsvermittlung/-abschluss) und der Hinterlegung (Aufbewahrung übergebenen Geldes/von Wertpapieren) auf.

 



[1] T. Papp Atypische Verträge (Atipikus szerzõdések; Lectum; Szeged; 2009.; S. 9-10.

[2] Das kurze Lehrbuch des ungarischen Privatrechts (A magyar magánjog rövid tankönyve; Grill; Bp.; 1941.)

[3] T. Papp Die atypischen Verträge und die ungarische Gesetzesvorlage zum Privatrecht (Az atipikus szerzõdések és a magyar magánjogi törvényjavaslat; in: Atipikus jelenségek szerzõdési jogunkban/Atypical phenomena in our Contract Law; lectum; Szeged; 2009.; 9-24.)

[4] Die Struktur des Privatrechts (A magánjog szerkezete; Grill; Bp.; 1934.)

[5] Die gemeinsamen Regeln des Obligationsrechts und der Vertragsdoktrin (A kötelmi jog és a szerzõdéstan közös szabályai; Novotni; Miskolc; 2000.)

[6] Atypische Verträge (Atipikus szerzõdések; Lízing, faktoring, franchise; Gazdaság és Jog; 1/1997.; 3-11.)

[7] Der Leasingvertrag (A lízingszerzõdés; Jura; 1/1995.; 15-19.) und in: Ungarisches Zivilrecht, Obligationsrecht, Teil Einzelvertäge (T. Nochta – B. Kovács – Z. Nemessányi; Magyar polgári jog, Kötelmi jog, Különös rész; Dialóg Campus; Bp. – Pécs; 2008.)

[8] Der Ort der atypischen Verträge in der Kodifikation des Zivilrechts (Az atipikus szerzõdések helye a polgári jog kodifikációjában; Sectio Juridica et Politica; Miskolc; Tomus XXIV.; 2006.; 457-467.)

[9] Einige theoretischen und praktischen Fragen der Innominatverträge (Az innominát szerzõdések egyes elméleti és gyakorlati kérdései; Collega; 12/1999-1/2000.; 57-62.)

[10] Papp z.W. S. 11-14.

[11] Papp z.W. S. 18-21.; G. Jobbágyi Medizinisches Recht (Orvosi jog; Szent István Társulat; Bp.; 2007.)

[12] Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Draft Common Frame of Reference (ed.: C. von Bar – E. Clive – H. Schulte-Nölke; sellier; Munich; 2008.)

[13] Papp z.W. S. 21-23.; S. Vida Der Warenzeichenschutz von Merchandising (A merchandising védjegyjogi oltalma; Védjegyvilág; 3/1995.; 10-17.); L. Tattay Das Merchandising und die Geistessschöpfungen (A merchandising és a szellemi alkotások; http://www.jak.ppke.hu/tanszek/polgjog/letolt/merc.doc; K. Strihó Der Merchandising-Vertrag (A merchandising.szerzõdés; http://jesz.ajk.elte.hu/striho.33.mht; Gy. Csécsy Das Recht der Geistesschöpfungen (A szellemi alkotások joga; Novotni; Miskolc; 2008.)

[14] Papp z.W. S. 23-25.

[15] L. Ujlaki Interpretation des Begriffes des Distributor-Vertrags (A disztribútor szerzõdés fogalmának értelmezése; Gazdaság és Jog; 6/2002.; I. Vörös Das Recht der internationalen wirtschaftlichen Verhältnisse II. (A nemzetközi gazdasági kapcsolatok joga II.; KRIM; Bp.; 2004.)

[16] P. Sziebig Ausorganisiert, Theorie und Praxis in IT-outsourcing (Kiszervezve, Elmélet és gyakorlat az IT-outsourcingban; IT-Business Source Books; Vogel Burda Communications; Bp.; 2006.)

[17] Obligationsrechtliche Analyse der Verträge von Investitionscharakter (Befektetési jellegû szerzõdések kötelmi jogi elemzése; Gazdaság és Jog; 3/1997.; 3-6.)